Kapitel 5

Asena Meric

von Asena Meric

Story

In der Eisdiele setzten wir uns an einen Tisch. Während wir auf den Kellner warteten, lauschte ich den Stimmen der anderen Gäste um mich herum. Es klang, als wären wir in einem Bienenstock, aber eine Stimme kam mir bekannt vor. Ich sah mich um. Als ich ihren Ursprung entdeckte, bedauerte ich es sofort, hergekommen zu sein. Da saß Thale. Er unterhielt sich mit einem gleichaltrigen Mädchen, das ihm gegenüber saß und sah recht zufrieden aus. Als hätte er meinen Blick gespürt, drehte er sich zu mir. Seine dunklen, tief liegenden Augen trafen meine. Ich lächelte ihn an, er lächelte zurück, nahm einen Bissen von seinem Eis und wandte sich wieder seiner Gesprächspartnerin zu. Sie hatte blonde Haare, die ihr über die Schultern fielen, und trug ein rotes, dehnbares Minikleid, das ihre wohlgeformte Figur betonte. Sie war hübsch. »Möchten Sie bestellen?« Die Stimme des Kellners holte mich in die Realität zurück. »Eh, ja.« Plötzlich kam mir eine Idee. »Aber zuerst möchte ich Sie um etwas bitten. Können Sie mir die Rechnung dieses Pärchens bringen?« Ich deutete zu Thales Tisch.

»Ich würde sie gern bezahlen. Es soll eine Überraschung werden.« Ich schaute von Zeit zu Zeit zu Thale, weil ich neugierig war, wie er reagieren würde. Irgendwann sah ich das Mädchen neben ihm aufstehen. Sie umarmte ihn, küsste ihn auf die Wange und ging. Als er dann seine Brieftasche zückte, um zu bezahlen, zeigte der Kellner auf mich. Thale runzelte die Stirn und starrte mich neugierig an. Er stand auf und ging auf mich zu.

»Hi«, sagte er.

»Hi.«

»Danke für die Eiscreme. Daphne hätte sich garantiert auch bedankt, aber sie musste zum Flughafen.«

»Oh, gern geschehen. Das war nur eine Wiedergutmachung für —du weißt schon— für meine Überreaktion bei deiner Präsentation.«

»Ist schon okay«, sagte er. »Übrigens, ich habe morgen Zeit.« Meine Augen weiteten sich. »Für was?«

»Oh, das wusstest du nicht? Wir sind Partner für die Exkursion geworden und wir müssen unsere Fragen vorbereiten, bevor wir dort ankommen und recherchieren«, sagte er. »Oh, Ich habe meine Mails nicht gecheckt und… Mist! Ich habe morgen keine Zeit. Ich arbeite sonntags.«

»Was für eine Schülerin arbeitet sonntags?«, fragte er. »Eine Schülerin, die ein Geschäft hat«, sagte ich und schaute auf die Uhr. Es war schon spät und ich hätte Matteo zu Oma bringen müssen. Ich bedeutete dem Kellner, dass ich zahlen wollte. »Wow, was ist das denn für ein Geschäft?«

»Ich schreibe Briefe«, sagte ich. Er zog die Augenbrauen zusammen. »Briefe? Ist das ein Witz?« Ich musste fast lächeln. »Ich muss los«, sagte ich. Der Kellner brachte mir dir Rechnung. Das Geld hatte ich schon herausgekramt. »Warte —was ist mit der Exkursionsarbeit?« Ich überlegte, was ich tun sollte, schrieb schließlich einfach meine Telefonnummer auf und reichte sie ihm. »Du kannst mir über WhatsApp schreiben. Wir werden heute Abend daran arbeiten.« Er starrte auf das Stück Papier. »Okay«, sagte er.

»Tschüss, Thale.«

© Asena Meric 2023-01-15

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