Kapitel 5: GrĂĽn

Yvonne Schauer

von Yvonne Schauer

Story

Ich fĂĽhle mich schrecklich.

Ich hätte das nie tun sollen. Ich hätte niemals herkommen sollen. Ich weiß nicht was mit mir los ist.

Ich dachte, es wäre eine nette Überraschung und ich könnte dabei helfen jemandem eine Freude zu bereiten. Es freut mich, wenn Menschen glücklich sind. Ich wollte ein Teil davon sein. Ich hätte niemals gedacht, dass es so enden würde. Ich war wohl wieder zu leichtgläubig.

Was soll ich denn jetzt tun? Soll ich es ihnen erzählen? Vielleicht ist das alles nur ein blöder Scherz und Teil des Plans. In dem Fall würde ich die Überraschung verderben, wenn ich etwas sage. Aber wieso sollte jemand glauben, dass ich mich an die Abmachungen halte, nachdem das Ganze so eine Wendung nimmt?

Gustav kennt mich doch, er weiß, dass ich keine starken Nerven habe. Er hätte mich doch gewarnt und darauf vorbereitet, wenn das alles geplant gewesen wäre. Ich hasse es, dass ich Menschen so leicht vertraue und ihnen helfe, wenn sie mich nur nett genug danach fragen. Man sieht ja was dabei herauskommt. Vielleicht hätte ich das alles verhindern können. Vielleicht wäre das alles ohne mich nicht passiert.

Ich weiĂź nicht, wie ich aus dieser Sache wieder herauskommen soll. Ich habe uns alle in Gefahr gebracht. Ich weiĂź nicht, ob ich so mit mir leben kann.

Na gut, dieses Problem löst sich vielleicht von selbst, denn falls wir das nicht überleben, muss ich auch nicht mehr mit mir leben. Das wäre zumindest etwas Positives. Aber ich greife zu weit vor. Betrachten wir es von einem logischen Standpunkt.

Wenn ich es ihnen erzähle, was ist das Schlimmste das passieren kann? Die Person, für die die Überraschung bestimmt war, hat keine Überraschung mehr. Gut, damit kann ich auf jeden Fall leben. Ich denke, wir hatten genug Überraschungen für heute. Aber die Anderen werden mir die Schuld geben. Sie werden denken, ich bin für all das verantwortlich. Andererseits sehen sie nicht wie ein wütender Mob aus. Vielleicht werden sie es vernünftig betrachten? Vielleicht lassen sie mit sich reden und ich kann ihnen alles erklären.

Auf der anderen Seite: was ist das Schlimmste das passieren kann, wenn ich es ihnen nicht erzähle? Wir könnten sterben. Wir könnten hier für immer festsitzen und dann sterben.

Was, wenn das von Anfang an der Plan war und ich ohnehin nur ein Mittel zum Zweck bin? Könnte Gustav meinen Tod wollen? Ich wüsste wirklich nicht warum, also bleiben wir vernünftig.

Es steht sterben auf der einen Seite, gegen ein Versprechen gegenĂĽber Gustav, den ich nicht mal so gut kenne, auf der anderen Seite. Die Wahl sollte mir eigentlich nicht allzu schwerfallen.

Warum ĂĽberlege ich trotzdem noch?

© Yvonne Schauer 2022-08-31

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