Kapitel 6

Mauritz Wilshusen

von Mauritz Wilshusen

Story

«Alma, ohne deine Hilfe funktioniert das hier nicht», sagt Wilson auf einmal und unterbricht meine schöne Selbstbemitleidung. Aber na gut, hätte ich sie nicht geschlossen, würde ich es genießen mit den Augen zu rollen. Zum Glück bin ich geprobt darin mir Sachen vorzustellen. Also ich in dieser Hängematte, so schwer kann das nicht sein. Und et voilà da bin ich. Von außen betrachtet sieht diese Situation nicht wirklich weniger merkwürdig aus. Eine schäbige Hütte in der eine Dame, die wie eine Banane gekleidet war und ein Mann, welcher die besten Jahre hinter sich hatte, über ein Mädchen gebeugt sind, welches in einer Hängematte liegt. Meine Stirn fängt an zu kribbeln. «Vielleicht fängt deine Stirn nun an zu kribbeln», fügt Wilson hinzu. In der Tat Sherlock. Ein wohlig warmes Gefühl breitet sich aus. Das Bild von mir wird immer schärfer. Was mir nicht gefällt ist, dass ich langsam die Kontrolle über meinen Körper verliere. Dieses verdammte Kribbeln breitet sich nämlich aus. Schwebe ich oder Fliege ich? Da bin ich mir im Moment noch nicht wirklich sicher. Ich weiß aber, dass es sich verdammt gut auf einmal anfühlt. «So meine Liebe, jetzt machen wir, besser gesagt du, eine kleine Reise. Geh aus dieser Hütte und schau dich um. Was siehst du?» Witzig, wie soll ich denn aus der Hütte herausgehen, wenn ich hier an der Decke fliege. Merkwürdigerweise verfolgen die Vorstellungs-Virginia und der Vorstellungs-Wilson meine Bewegung vom Boden aus. Ich schaue hoch und tatsächlich, es gibt einen Durchlass, durch den früher wohl der Rauch eines Lagerfeuers hätte abziehen können. Jetzt könnte ich dadurch abziehen. Ich muss nur noch herausfinden wie dieses ganze Fliegen-Ding funktioniert. Eine Tastatur mit WASD-Interface hab ich hier wohl nicht. Nach oben. Okay, Gedankenkontrolle ist es anscheinend nicht. Jetzt wo ich es probiert habe, fühlt es sich sehr dumm an, gedacht zu haben, dass es funktioniert. Ich strecke die Arme nach oben zum türkisblauen Himmel aus. Mist, auch nichts. Man sollte wirklich eine Anleitung zu dieser Gedankenreise mitbekommen. Aus Frustration flattere ich ein wenig mit den Armen. Scheiße und das funktioniert auch noch. Zwar habe ich nur ein paar mickrige Zentimeter gewonnen, doch nach ein paar weiteren Schlägen habe ich es endlich geschafft die Hütte zu verlassen. Weil ich es kann, steige ich noch höher, bis ich über die verschiedenen Etagen des Jungels hinausschauen kann. Heilige Maria, was ist das für eine Aussicht. Fuck, woher weiß ich eigentlich wie das alles hier aussieht. Ich liege doch noch in der versifften Hängematte, oder? Das passiert doch alles nur in meinem Kopf. «Ich fliege über der Hütte, besser gesagt über den Baumwipfeln», gebe ich nun endlich das, was ich sah an mein Erd-Kommando weiter. «Okay ja, das ist interessant», jetzt meldete sich Virginia wieder. Ich kann nicht sehen, wie sie aussieht, aber glücklich hört sie sich nicht an. «Ist das nicht normal?», langsam werde auch ich etwas unruhig. «Sagen wir es ist im Rahmen des Möglichen, aber nicht normal», antwortete nun der alte Doktor. Kurze Stille, vermutlich wechselten sie mehr-sagende Blicke aus. «Aber was genau siehst du?» Ich versuche das unbeschreibliche beschreibbar zu machen: «Ich bin über dem Wald. Unter mir springt gerade ein Affe, der einen Hut trägt; Was auch sonst? Neben mir fliegt jetzt ein Kakadu … Warte sind wir auf einer Insel?» «Okay Alma, das war es jetzt mit unserem kleinen Ausflug. Komm wieder zu uns zurück!», Virginia wurde strenger.

© Mauritz Wilshusen 2023-08-12

Genres
Romane & Erzählungen