von Karalyse
„Kann ich irgendwas machen?“, fragte er mich.
„Im Arm nehmen“, kam es leise und affektiv über meine Lippen. Mein Kopf war in meine Hände gestützt und nahm nur akustisch wahr, wie er aufstand. Kurz sah ich hoch und sah, wie er sich anbot, mich in den Arm zu nehmen. Ich stand, ohne zu zögern, gleich auf und drückte mich an ihm und weinte mich etwas aus.
Er sollte das eigentlich nicht tun; Ich sollte das nicht fordern.
Aber die Gesellschaft war einfach schon zu kaputt. Da lieben sich Menschen, weil sie verzweifelt sind oder weil sie Frust abbauen wollen. Da rennen Menschen denen hinterher, welche sie eigentlich gar nicht brauchen. Da machen wir einfach Dinge, die für andere wieder nicht verständlich sind. Und das ist so menschlich, weil wir so viele Sachen machen, die für andere keinen Sinn machen. Und genau diese versuchen die weltliche Katastrophe zu erkennen und zu beseitigen. Das sind die, die einen klaren Kopf haben und Pläne haben sollten, aber nur mit dem Finger auf den Missstand zeigen können. Die Menschheit ist aufgebraucht. Deutlicher kann es gar nicht sein. Es helfen sich Menschen, welche sich gesellschaftlich nicht helfen sollten. Aber ist das nicht genau eine gesunde Demokratie?
„Alles wird gut“, hörte ich ihn flüstern. Er wippte ein wenig mit mir, versuchte mich zu beruhigen. Mir half das so sehr seine Wärme zu spüren, ihn bei mir zu haben. Mir half es ja alleine schon, wenn er einfach nur da war. Aber das war einfach nur schön und ich zerschoss mir diese Freude, indem ich mir vor Augen führte, dass die Gesellschaft das als illegal und komisch ansieht.
Ich kam mir selber noch so viel kranker vor und hinterfrage mich die ganze Zeit. Ob ich vielleicht doch auf Moritz stehe, ob ich ihn doch liebe, ob ich vielleicht das Problem bin, ob ich das vielleicht verdient habe, so bloßgestellt zu werden.
„Alles wird gut“, wiederholte er sich.
„Ich bin da. Dir kann nichts passieren. Ich lasse dich nicht alleine.“
Wir brauchen mehr Menschen wie Moritz. Menschen, die einfach da sind, einem gutzusprechen, wenn man in einer Existenzkrise ist. Menschen, die einem zwar nicht verstehen, aber nicht sofort die Schlüsse ziehen, dass es ein „richtig“ und ein „falsch“ geben muss. Menschen, die einfach da sind. Man muss diese Menschen nicht in dem Moment therapieren oder „heilen“. Es reicht einfach mal da zu sein.
© Karalyse 2024-07-30