Karibische Ohnmacht

Als er sich über die spröden und rissigen Lippen leckte, schmeckte er das Salz des Pazifiks. Er hatte Durst. Seine Glieder waren schwer und sein Körper glühte. In weiter Ferne konnte er das Geschrei der Brüllaffen hören. Den Pfad in den kolumbianischen Dschungel konnte er nur schemenhaft hinter der Sanddüne vermuten. Der feinkörnige Sand unter seinen Fingern war heiß. Er lag auf dem Rücken, als er versuchte, gegen das gleißende Licht zu blinzeln. Seine Augenlider klebten schwer aneinander und seine Wimpern hatten unzählige kleine Sandkörner in ihren Reihen gefangen. Der angestrengte Blick nach oben offenbarte ihm einen wolkenlosen und strahlend blauen Himmel. Erst als er versuchte, sich aufzusetzen, durchfuhr sein Bein ein pulsierender, stechender Schmerz. Er war unfähig sich zu bewegen. Das dumpfe Hämmern gegen die Innenseite seiner Schläfen gewann zunehmend an Intensität, als er sich erschöpft und zitternd zurück in den Sand fallen ließ. Seine Handflächen waren wund und aufgerissen. Die Sonne brannte unaufhörlich und erbarmungslos auf ihn nieder. Es fühlte sich so an, als würde die Strahlung jede einzelne seiner Zellen unter der Epidermis zum Platzen bringen. Die Brandung des Meeres rauschte in seinen Ohren, obwohl das Meer mindestens einen Kilometer weit weg war. Er wusste nicht, wie lange er schon hier lag. Er wusste gar nichts mehr: Weder das was gestern geschehen sein mochte, noch die Ereignisse von heute. Er schloss erneut die Augen und versuchte, die letzten Tage Revue passieren zu lassen: Schemenhafte Gedankensplitter jagten durch seinen schmerzenden Kopf. Aufkeimende Erinnerungen bahnten sich mühsam einen Weg an die Oberfläche, nur um dann binnen Sekunden wieder zwischen grauen Nebelschwaden blitzartig zu verschwinden. Das Gefühl der Ohnmacht und des Ausgeliefertseins ließen ihm einen kalten Schauer über den Rücken jagen.

Er war gefangen in seiner eigenen Unwissenheit und nicht zuletzt in der Dysfunktionalität seines Körpers.