Karneval in Venedig

Eva Flehschurz

von Eva Flehschurz

Story

3 Mal war ich bisher dabei. Immer nur für ein paar Stunden. Abends von Wien weg, morgens in bella, bella Venezia ankommen, am späten Abend wieder retour. Das 1. Mal fuhr ich zu zweit mit dem Bus und ohne Kostümierung. Um den mit jeder Stunde zunehmendem Trubel zu entkommen, fuhren wir ein wenig rüber an den Lido, gingen ob der schönen Witterung am Strand spazieren und tranken Kaffee im Freien.

Ein anderes Mal waren wir drei Pärchen und unser Sohn im Vorschulalter. Wir verkleideten uns als die sieben Zwerge. Die Mutter unseres Freundes hatte uns gleiche Mützen in unterschiedlichen Farben genäht. Wir fuhren mit dem Liegewagen zu siebent im 6er-Abteil. Bei der Heimfahrt waren wir derart überdreht, dass ich mir vorkam, wie am Schulschikurs, wenn wir noch nicht schlafen wollten. Statt dem Lehrer klopfte der Schaffner an die Tür und forderte Ruhe ein, in grantigem Italienisch, jedoch unmissverständlich, auch wenn ich meinen ersten Italienischkurs erst Jahre später besuchen sollte. In Venedig selbst sprachen uns ständig Leute freundlich an, wo wir unser Schneewittchen gelassen hätten oder sie pfiffen oder sangen vergnügt zur Melodie von „Hi Ho, Hi Ho“. Um dieses Mal dem Treiben zu vorgerückter Stunde vorübergehend zu entkommen fuhren wir mit dem Vaporetto nach Murano.

In schöner Erinnerung habe ich auch das Jahr, als wir zu viert mit einem Radio Wien-Sonderzug, ausgestattet mit Tanzwagen und Casinowagen, unterwegs waren. Mein Mann verkleidet als Dame des leichten Gewerbes und ich als Gigolo. Gut sah er aus mit den Overknee-Stiefeln der Nachbarin und meinem Minikleid. So gut, dass der Radio-Wien-Reporter im Tanzwagen mit ihm eine kesse Sohle aufs Parkett legte und der Croupier im Casinowagen mit ihm schäkerte.

Die Nacht war lang und die Reihe unserer geleerten Bierflaschen auch. Die meines Mannes scheinbar länger als meine. Jedenfalls war er nächsten Morgen ein wenig unpässlich. Hatte er am Vorabend noch echt schnuckelig ausgesehen, eine ansprechend geschminkte Pflasterschwalbe mit perfekt sitzender Perücke, wirkte er, als der Schaffner das Frühstück servierte, wie eine abgetakelte Praterhure nach einer durchzechten Nacht. Wir restaurierten ihn einigermaßen und durch das Spazierengehen an der frischen Luft, kam er auch bald wieder zu Kräften.

Wir genossen diese besondere Stadt und die vielen großartigen Kostüme. Auch dieses Mal konnte ich mich kaum satt sehen. Als es schon dunkel war, kamen wir am Markusplatz mit einem beeindruckend maskierten Einheimischen englisch ins Gespräch. Er erzählte uns, wie sehr er dieses Fest liebt, weil er dann ein anderer sein kann. Er sei nicht schön anzusehen, aber ein Mal im Jahr spiele das keine Rolle. Dann werde er bewundert und auch fotografiert. Wir dachten, er kokettiert nur ein bisschen. Doch als er kurz die Maske abnahm, wussten wir, was er meint… Nach einer Schrecksekunde plauderten wir weiter mit ihm und freuten uns für ihn, dass er sich diese jährliche Auszeit nehmen kann.

© Eva Flehschurz 2021-02-11