Katastrophe im Winterwald

Annemarie Hülber

von Annemarie Hülber

Story

Das weihnachtliche Backen hat begonnen. Keksduft zieht durch das Haus. Na ja, um ehrlich zu sein, das mit dem Duft stimmt nicht ganz. Eigentlich gar nicht. Ich habe Hundekekse gebacken, und die riechen ziemlich gewöhnungsbedürftig. Mein Hund ist ganz wuschig. Er wirft sich auf den Rücken, will, dass ich das Bauchi kraule und nachher ein Keksi springen lasse. Keine Chance, die Kekse sind noch ofenwarm.

Gut, ich mache natürlich auch noch Kekse für Herrli und Frauli. Mein Standardrepertoire. Und vielleicht was Außergewöhnliches. Ja, was Neues, was ganz Tolles.

Ich habe da in einer Zeitschrift Tannenbäumchen gesehen. Die sehen entzückend aus. Kann man gleich als Geschenk verwenden. Die Bäumchen sind aus Baisermasse. Rezeptanmerkung: einfach, gelingt bestimmt. Super, da kann ja nichts schiefgehen.

Ich richte alles her: Spritzsack mit Sterntülle, Backblech, Eier, eine Prise Salz, Zucker und grüne Lebensmittelfarbe. Zuerst die Eier trennen. Die Eiklar mit Salz steif schlagen, den Zucker einrieseln lassen. Perfekt, das funktioniert ja wunderbar. Eine steife, wunderschöne Schneemasse lacht mir entgegen. Jetzt noch zwei, drei Tropfen grüne Lebensmittelfarbe. Aber, aber, ahhh. Was ist das? Die Masse hat sich betongrau verfärbt und wird ziemlich flüssig. Okay, ich gebe noch 2 Eiklar dazu und rühre bis der Mixer glüht. Dadurch hat sich die Lage verschlimmbessert. Gut, Plan B. Ich gebe noch Zucker dazu. Sehr viel Zucker. Jetzt ist die Masse zwar wieder weiß, nicht grün, nicht mehr grau, aber fest genug, um sie in den Spritzsack zu füllen. Das mit der Lebensmittelfarbe lasse ich lieber, wird es halt ein verschneiter Winterwald.

Ich dressiere Bäumchen aufs Blech. Also immer 3 Etagen übereinander. Die Bäumchen biegen sich etwas, werden nicht ganz gerade. Ja, das ist die Schneelast, das ist in der Natur auch nicht anders. Ab zum Trocknen in das Backrohr.

Nach einer Stunde Trockenzeit im lauwarmen Rohr sind die stolzen, schlanken Tannen deutlich in die Breite gegangen. Es sind Häufchen. Um Bäumchen zu erkennen, braucht man einige Fantasie. Es sieht aus… nein, das schreibe ich jetzt nicht. Man kann es sich aufgrund der Häufchenform denken. Ich überlege kurz, ob ich einen Leserbrief an die Zeitschriftenredaktion schicken soll (einfach, gelingt bestimmt).

Ich bin geneigt dieses verflixte Malheur dem Klimawandel anzulasten. Weil, ICH habe bestimmt nix falsch gemacht, nein, nein. Und morgen mache ich etwas mit den Eidottern, die übrig sind. Was aus dem Standardrepertoire.

Dotterbusserl: 25 dkg weiche Butter, 16 dkg Staubzucker, 1 TL Vanillezucker, Saft einer 1/2 Zitrone, 12 Eidotter, 36 dkg Mehl. Die Butter schaumig rühren. Staubzucker, Vanillezucker und Zitronensaft untermengen. Die Eidotter nach und nach dazugeben. Zuletzt das Mehl einrühren. Auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech Krapferl spritzen und bei 180 Grad 15 Minuten backen. Nach dem Auskühlen je 2 Busserl mit Marmelade zusammensetzen und halb in Schokoglasur tunken.

© Annemarie Hülber 2021-11-30

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