von Micaela Hemesath
Bredlbroad, (breit wie ein Brett) sitzt sie kess auf dem Glas Couchtisch. Mit dem Rücken mir zugewandt und mit dem Köpfchen 90 Grad gedreht um zu checken, was jetzt kommt. Nein, normal darf die Katze nicht auf dem Glastisch sitzen. Aber was ist heute schon normal? Also wird der Tisch mal eben zum “Katzentisch” degradiert. Ganz spaßig: Vor ihr liegt die Wochenend Ausgabe der Salzburger Nachrichten. Schaut ganz so aus, als würde sie sich alles durchlesen. Na, wenn das kein Grund ist, Gnade walten zu lassen?
Doch liebes Katzentier, es ist der letzte Tag, den du noch mit deiner Pensions Omi verbringen wirst. Nie wieder werde ich den Gestank von deinem Katzenfressi in meiner Wohnung aushalten müssen, nie wieder liegen überall die Haare von deinem hübschen Pelzmantel herum. Nie wieder muss ich treppauf, treppab gehen, um dich ins Freie zu lassen. Du bist ja, obwohl dein Frauchen im zweiten Stock wohnt, eine Freilaufkatze.
Mit mir hast du ja ausgesprochenes Glück gehabt als Kurzzeit Aufpasserin. Erstens hatte ich auch einmal eine Katze. Leider blieb sie in Florida auf dem Highway zurück. Zweitens mag ich Tiere und drittens bist du so eine ausgesprochen charmante Katzendame, dass man dich einfach lieb haben muss. “Kätzisch” musste ich nicht lernen, denn das konnte ich schon. Du dafür bayerisch, denn du bist ja ursprünglich Amerikanerin. Dein Frauchen hat witzigerweise auch immer Englisch mit dir gesprochen. Aber du hast schnell gelernt. “Fressi”, “Leckerli” und “Gassi“ wurden sofort verstanden.
Tja liebe Chepi, du bist echt die Reisekatze. Eingewandert von Amerika, gelebt in Salzburg und Hallein und jetzt sollst du nach Südfrankreich kommen. Klingt ja toll und ist es auch! In die Provence. Das neue Frauchen ist dir auch schon bekannt, denn sie war mit dir damals schon zusammen in Amerika. Nach der Trennung deiner beiden Besitzerinnen hast du ein paar Jahre mit der jetzigen Dame gelebt und wirst an Weihnachten zur anderen transportiert.
Es wird dir dort prima gefallen, denn du bekommst ein eigenes Katzentürchen zum Rein und Rausgehen. Englisch ist weiterhin die Umgangssprache und mit den französischen Einheimischen wirst du schon klarkommen. Bist ja sprach begabt! Kann sein, dass die Mäuse ein bisschen würziger riechen, denn es gibt ganz viel duftenden Lavendel dort. Wenn du dich selbst ein bisschen darin wälzt, kommen garantiert keine Motten in dein Fell.
So, noch ein letztes Verwöhnfressi, ein letztes Couchkuscheln und dann kommt dein Frauchen dich endgültig holen. Das ganze Katzenmobiliar geht rauf in den zweiten Stock und später ins Auto. Einen tollen geräumigen Reisekäfig haben wir auch schon gefunden und ihr werdet die weite Fahrt schon gut überstehen!
Servus hübsche Lady, Bye Bye und Au revoir, deine ziemlich traurige Teilzeit Pensions Omi.
Foto: Patrick Boucher, unsplash
© Micaela Hemesath 2022-12-23