Keep ya head up

Nina Burian

von Nina Burian

Story

„Hallo. Servus. Grüß dich.“, das war deine bevorzugte Begrüßungsformel. Einmal hab ich ein Foto in deiner Wohnung gemacht, eigentlich wollte ich nur das 2Pac Poster fotografieren. Du gingst im selben Moment aus dem Bad und branntest dich auf ewig als verschwommener Schemen auf dem Bild ein. #Irigeist schrieb ich damals auf Instagram. Dass der Hashtag ein paar Wochen später bittere Realität werden würde, kann ich auch nach 2 Jahren immer noch nicht fassen.

1717 Beiträge hast du auf Instagram veröffentlicht. Dein letzter Post ist nur wenige Stunden vor deinem Tod entstanden und immer noch denkt man, du würdest jeden Moment etwas Neues hochladen. Es wirkt nicht abgeschlossen, genau wie dein Leben. Du hattest noch so viel vor. Wolltest was erreichen. Wolltest eine Familie gründen, Kinder haben. Aber dann kam dieser furchtbare Abend im Jänner 2018. Vielleicht wäre alles anders gekommen, wenn du an diesem Abend etwas anderes gemacht hättest. Wenn ihr nach der Demo fortgegangen wärt, wie ihr es ursprünglich geplant hattet. Dann würdest du noch leben. Aber auf das Was-Wäre-Wenn-Spiel darf ich mich nicht einlassen. Es ist wie es war.

Du warst zu Hause, es hat gebrannt und du bist aus Panik auf das Fenstersims gestiegen. Ich will nicht in dieser scheiß Wohnung sterben, waren deine letzten Worte. Du hast dich ans Fenster geklammert, hattest panische Angst, während schwarze Rauchwolken um dich herum waberten.PP. griff nach dir, aber er berührte dich nur mehr mit den Fingerspitzen. Du hast den Halt verloren und bist abgestürzt.

12 Meter tief.

Auf Beton.

Als L. mir schrieb, da wusste ich, dass du tot bist. Ich weiß nicht woher, aber ich wusste es einfach. Mein Herz klopfte, als ich sie anrief und ich bekam die Bestätigung. „Die Iri ist gestorben.“ weinte L. Es fühlte sich surreal an, ich war wochenlang in Watte gepackt. Alles war dumpf. Über 200 Menschen waren da, um sich von dir zu verabschieden, du hättest Augen groß wie Wagenräder gemacht, hättest du das gesehen! Als ODB und Macy Gray ‚Don’t go breaking my Heart‘ sangen, dachte ich, das wäre der Klingelton von jemanden. L. und ich haben uns angeschaut und gelacht. Die Lieder, die sie spielten waren ein Abschiedsgruß an dich. Du hast HipHop geliebt. ‚Texte über Liebe‘ spielte es zweimal, das hattest du sogar auf Vinyl. Deinen Sarg durften wir alle bemalen. Der Moment, wo ich dir noch einmal so nah war, wo ich wusste, dass dein zerbrochener, kleiner Körper nur ein paar Zentimeter entfernt von mir lag, war der schwierigste.

‚Keep ya head up‘ sagte 2Pac auf dem Poster. Das tue ich. Und meistens funktioniert das gut. Doch dann gibt es wieder Momente, in denen ich an dich denke. Wenn ich Futurama schaue oder Wild Horses von den Rolling Stones höre. Wenn ich durch die Schönbrunnerstraße fahre und an diesem ekelhaften Haus vorbei komme, dass deinen Tod bedeutet hat. 31 Jahre durftest du nur werden. Unser letzter Kontakt war ein trauriger Smiley, den du mir geschickt hast. Irina, du bist nicht vergessen.

:-(

© Nina Burian 2020-06-19

Hashtags