Meine Familie stammt aus Reichenfels/Kärnten. Bei uns wird Zusammenhalt groß geschrieben. Mit der Erblindung meines Gatten und dem Down-Syndrom unserer erstgeborenen Tochter mussten wir schon viele Hürden bewältigen. Seit acht Jahren lebt ein ausgebildeter Blindenführhund Namens Emmi bei uns, doch nun verliert auch unsere Labrador-Retriever-Hündin ihr Augenlicht und darf nicht mehr als Führhund eingesetzt werden.
Doch der Reihe nach.
Bereits im Jugendalter musste mein Mann die Diagnose einer Netzhauterkrankung, die früher oder später zur totalen Erblindung führt, verkraften. Er meint: “In der Lehrzeit wollte ich das nicht wahrhaben, erinnert sich der gelernte Koch. Gemeinsam waren wir noch einige Male im gleichen Betrieb tätig, bis im Jahr 2003 unsere erste Tochter das Licht der Welt erblickte. Mit der Diagnose Down-Syndrom traf uns der nächste Schock.
Anfangs lebten wir im Salzburger Land, bis wir uns im Jahr 2005 entschieden, ein Gasthaus im Heimatort meines Gatten zu pachten. 2006 gebar ich unsere 2. Tochter. Doch schon nach 5 Jahren mussten wir den Traum von Selbstständigkeit aufgeben, da sich die Sehkraft meines Mannes plötzlich rapide verschlechterte.
Wir entschieden uns, ein Party-Cateringservice zu eröffnen, das seit mittlerweile 10 Jahren zu unserem wirtschaftlichen Hauptstandbein geworden ist.
Mein Mann verbrachte knapp zwei Jahre in Linz, um ein Mobilitätstraining zu absolvieren und er für den Alltag ohne Augenlicht vorbereitet wurde. Dabei konnte er sich mit dem Blindenstock vertraut machen und erlernte die Brailleschrift und den Umgang mit dem Computer. Und 2013 erfüllte er sich einen Traum: ein eigener Blindenführhund namens Emmi. Sie brachte seine Freude am Leben zurück.
Anfang 2021 dann der nächste Schock. Emmi, unser Blindenführhund, erblindete selbst. Für Patrick brach eine Welt zusammen. Sie durfte ihn – allein schon aus rechtlichen Gründen – fortan nicht mehr führen. Von diesem Zeitpunkt an konnte er mit Emmi nicht mehr spazieren gehen – sein neues, autonomes Leben war mit einem Schlag beendet, der Zeiger wieder auf null gestellt.
Jetzt sitzt er am Balkon und hört Musik, zurückgezogen und einsam. Alles, was er tun kann, ist zu warten. Die Ausbildung für einen staatlich geprüften Hund dauert 1 ½ Jahre und ist sehr teuer. Solch ein Hund kostet € 40.000. Mehr als ¾ der Kosten muss man selbst aufbringen. In einigen europäischen Ländern werden die gesamten Kosten für solch einen Hund übernommen. Mein Mann ist verzweifelt und wir als Familie sind es mit ihm. Wissen Sie, wie schlimm es ist, wie sein Lebenswille erlischt?
Seit uns diese Schicksalsschläge ereilten, frage ich mich, wie man sich tagtäglich über vermeintliche Kleinigkeiten ärgern kann. Das Leben bietet so viel Gutes, wenn man gesund ist. Meine Lebensphilosophie? Ich habe keine. Ich lebe jeden Tag neu und bin dankbar dafür, dass wir uns als Familie so sehr unterstützen und füreinander immer da sein werden.
© Patrick Eichwalder 2021-09-15