Kein Zimmer frei [Frankreich]

Astrid Holzinger

von Astrid Holzinger

Story

Ein junges Paar musste irgendwo übernachten – aber egal, wo sie anklopften: Niemand hatte ein Bett für sie frei. Nein, hier wird nicht die Geschichte von der Geburt Jesus erzählt. So etwas passiert Reisenden noch heute, wenn sie meinen, spontan und unabhängig sein zu wollen.

Selbst das heilige Booking.com hatte an diesem Tage keine Lösung parat. Die junge Frau war verzweifelt und malte sich eine unbequeme Nacht im Gefährt aus. Doch ihr Gemahl gab nicht auf. Er hatte eine raffinierte Idee. So schritt er in die Gaststätte, in welcher das Paar gerade das Abendmahl zu sich genommen hatte, und fragte nach Rat. Der einheimische Korse musste eine Bleibe wissen – ein Geheimtipp wurde gebraucht.

Aufgeregt liefen die beiden nach draußen und der Wirt zeigte mit seinem Finger den Hügel hinab auf ein Bauwerk. Das Paar sollte ihr Glück dort versuchen. In den tiefen des Internets war an diesem Ort jedoch kein Hotel verzeichnet – war das ein gutes Zeichen?

Voller Hoffnung machten sich die Verliebten weiter auf den Weg. Die Sonne küsste bereits den Horizont, deshalb war um Eile geboten. Sie erreichten die Unterkunft und klopften an die Tür. Eine Dame öffnete. Sie trug ein schwarzes bodenlanges Kleid mit einem schwarz-weißen Schleier. In anderen Worten: es empfang sie eine Klosterfrau.

Die Klosterfrau war äußerst freundlich und bat den beiden sofort eine Übernachtung an. Weder die religiöse Zugehörigkeit, noch der Familienstand wurden geprüft. Da hatten sie Glück gehabt!

Erleichtert und dankbar folgte das Paar der Nonne in Richtung Gemächer. Entgegen aller Vermutung wurde ein Zimmer mit zwei Betten präsentiert. Allerdings – an dieser Stelle darf aufgeatmet werden – mit zwei separaten Betten. Man will ja nicht übertreiben. Es ist immer noch ein Kloster und kein Ritz-Carlton!

Wo zuvor noch Sorgenfalten und Unmut erkennbar waren, nahmen breites Grinsen und pure Freude den Platz ein. Die zwei waren sich einig – so eine Geschichte erlebt man nur einmal.

Und den Aufenthalt? Den genossen sie aufrichtig. Die Nacht war weitaus bequemer als Stunden zuvor gedacht. Am nächsten Morgen am Frühstücksbuffet (ja, das hat es wirklich gegeben) waren die weiteren Gäste, eine große Gruppe weiblicher Seniorinnen, sichtbar überrascht von den jungen Leuten. Und das Paar war vom tollen Essensangebot begeistert.

So hat es sich zugetragen. Was für ein unvergesslicher Sommer auf Korsika!



© Astrid Holzinger 2020-04-08