Keine Hochzeit, keine Scheidung

Sabrina Farkas

von Sabrina Farkas

Story

Meine Cousinen und ich sind im selben Jahr geboren. 2011 heiratete eine der beiden und ich war herzlich eingeladen. Ich freute mich, hatte ich doch damals recht wenig Kontakt zu diesem Zweig der Familie und sah der Gelegenheit, alle wiederzutreffen, mit Freude entgegen.

Es war eine schöne Trauung. Vor der Kirche folgen Fotos, Gratulationen und Plausche mit Oma, Onkels und Tanten. Ich genoss den Austausch. Ob ich denn allein da wäre, erkundigte man sich vorsichtig. Ich bejahte. Ob ich denn schon jemanden gefunden hätte, wurde interessiert weiter gefragt. „Es ist kompliziert“, hätte Facebook an meiner Stelle geantwortet.

Weiteren Fragen entging ich vorerst, denn wir teilten uns in GrĂĽppchen auf, um zur Tafel zu gelangen. Damals noch autolos kam ich bei unserer GroĂźtante am Beifahrersitz unter. Zu ihr habe ich immer schon einen guten Draht gehabt. Ich kenne sie schon mein ganzes Leben lang als alleinstehende Frau, da ihr Mann frĂĽh verstorben ist und sie keine Kinder hat. Umso reger war und ist ihr Kontakt mit Freunden und Bekannten. AuĂźerdem malte sie gerne und gut. Sie ist immer voller Energie und fĂĽr mich seit jeher ein Paradebeispiel dafĂĽr, dass eine klassische Mutter-Vater-Kind-Lebensgeschichte nicht der alleingĂĽltige Weg zum GlĂĽck ist.

Wir plauderten auf der Fahrt zum Gasthaus ĂĽber dieses und jenes, das sich in den letzten Jahren so zugetragen hatte. Die Zeit verging wie im Flug, auĂźerdem war die Strecke nicht allzu weit. Kurz bevor wir ankamen, kam sie auf das Thema, mit dem ich mich vor der Kirche konfrontiert gesehen hatte, zu sprechen. Sie stellte mir im Gegensatz zu den anderen Verwandten keine Frage, sondern sagte nur einen Satz dazu: „WeiĂźt, Mädl, wennst nicht so jung heirat’st, sparst da a Scheidung.“ Sie rettete mir den Abend und ich schmunzle heute noch, wenn ich an ihre weisen Worte denke.

Wie ich schon damals vermutet hätte, wäre mir die Überlegung überhaupt in den Sinn gekommen, weiß ich heute, dass die „komplizierten Fälle“ meiner frühen 20er kein heiratsfähiges Material für mich waren, geschweige denn dass ich selbst dauerhaft ehefähig gewesen wäre. Ich war noch Studentin, hatte gerade meine erste, eigene Wohnung bezogen und das Ende einer langjährigen On-Off-Beziehung lag noch nicht weit zurück.

Während meiner Zeit als Single genoss ich das Reisen, Sporteln und Ausgehen, wann immer ich wollte. Neuen Leidenschaften, die ich damals für mich entdeckt habe, gehe ich heute noch gerne nach. Zudem konnte ich reflektieren, wie eine Beziehung für mich künftig aussehen sollte – was mir bei meinem Partner wichtig wäre und wie ich mich in Zukunft als Partnerin verhalten wollte.

Übrigens: Ich habe acht Jahre später geheiratet – einen Mann, den ich bei der Hochzeit meiner Cousine noch gar nicht kannte. Wenn er und ich heute über den Zeitpunkt unseres Kennenlernens philosophieren, sind wir uns einig: Gut, dass wir uns nicht früher getroffen haben!

© Sabrina Farkas 2020-07-24

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