von Klaus Schedler
Ältere Zeitgenossen erinnern sich noch an die österreichische Radio-Sendung „Achtung Sprachpolizei“ von Karl Hirschbold, die hierzulande bis 1978 fixer Programmbestandteil im österreichischen Einheitsrundfunk war. Wie diverse Beispiele zeigen, hätte man sie nie einstellen dürfen, denn immer wieder zeigen rezente Diskussionen (Stichwort: „Zurückbleiben bitte!“, in der U-Bahn), welch unerträgliche sprachliche Defizite hierzulande seither fröhliche Urstände feiern dürfen. Da bieten beispielsweise die heimischen Personenaufzüge ein reiches Betätigungsfeld für hintergründige Sprachreflexionen. So etwa vermag der Hinweis
„NUR FÜR 15 PERSONEN“
… zu unüberwindlichen Schwierigkeiten führen, denn erstens dauert es vielerorts ziemlich lange, bis die vorgeschriebene Anzahl an Leuten beisammen ist. Ist jedoch diese erste Hürde einmal genommen und setzt sich der Lift endlich in Bewegung, kommt die zweite Herausforderung schon beim ersten Halt: Klar, es dürfen nur exakt so viele Personen zusteigen, wie zuvor ausgestiegen sind. Sollte überdies jemand den Lift verlassen, ohne sich vorher versichert zu haben, dass die vorgeschriebene Personenzahl unverändert bleibt, so wäre dies ziemlich rücksichtslos, denn hierdurch würden die verbleibenden Personen so lange an der Weiterfahrt gehindert, bis sich eine Ersatzperson einfindet. Für eilige Aufzugbenutzer empfiehlt es sich, zeitgerecht dafür Sorge zu tragen, dass sich in jedem Stockwerk eine hinreichende Anzahl potenzieller Aufzugbenutzer befindet. Besondere Hartherzigkeit wird Eltern im Aufzug abverlangt, wenn es heißt
„BITTE LASSEN SIE KINDER AN DER RÜCKWAND STEHEN“.
Möglich, dass es wie im Märchen „Hänsel und Gretel“ böse Stiefmütter gibt, die nichts unversucht lassen, die angeheirateten Kinder der ersten Frau des Ehemannes bei der nächsten sich ergebenden Gelegenheit loszuwerden. Hier bieten Aufzüge mit entsprechenden Hinweistafeln ihre Unterstützung an, indem dort nicht nur böse Stiefmütter, sondern überhaupt alle Begleitpersonen von Kindern aufgefordert werden, die Kleinen gefälligst an der Rückwand stehenzulassen, um nach Verlassen des Lifts fürderhin kinderlos seiner bzw. ihrer Wege zu gehen. Jedem vernünftigen Menschen muss schließlich der Sinn des Hinweises
„ALLEINFAHREN VON KINDERN UNTER 12 JAHREN VERBOTEN“
… verborgen bleiben. Dabei mag es ja einleuchtend, weil sinnvoll und nachvollziehbar sein, dass das Risiko des Alleinfahrens von keiner Person eingegangen werden sollte, weil ja sonst im Falle eines technischen Gebrechens niemand im Lift zugegen wäre, der oder die in welcher Art auch immer bis zu Beseitigung der Störung zur Unterhaltung, seelischen Unterstützung oder in Überbrückung der langen Wartezeit beitragen könnte. Nicht sinnvoll und in keiner Weise ist jedoch nachvollziehbar, warum ein solches Verbot von Kindern ausgesprochen wurde, die nicht einmal 12 Jahre alt waren.
© Klaus Schedler 2019-05-02