von Josef sultani
âDu musst dich da anmelden und deine Geschichte erzĂ€hlen. Alles, was du erlebt hast. Ich wĂŒnsche mir, dass Menschen deine Geschichten lesen. Dass sie dich kennen lernenâ.
âAber meine Geschichte ist ja gar nicht so spannend. Das interessiert niemanden. AuĂerdem bin ich kein Autor. Und deutsch sprechen und deutsch schreiben ist ein groĂer Unterschiedâ.
âSogar ich schreibe Geschichten aus meinem Leben und die Leute lesen das. Und mein Leben ist weit nicht so ereignisreich als deines. Ich wĂŒnsche mir als Weihnachtsgeschenk, dass du dich dort anmeldest. Und die Community auf Story.one ist toll. WertschĂ€tzend und ehrlich. Nicht zu vergleichen mit anderen Social-Media-Plattformen. Das wird gut. Und du weiĂt ja, ich hab immer rechtâ.
Kennt ihr Melly? Melly Schaffenrath? Sie ist auch Autorin hier auf Story.one. Sie ist manchmal lĂ€stig. Wenn sie sich etwas in den Kopf setzt, dann muss es so sein. AuĂerdem behauptet sie, dass sie immer recht hat. Ich kenne Melly schon seit ein paar Jahren. Seit 2015, um genau zu sein. Völlig distanzlos und ungeniert ist sie in mein Leben getrampelt. Und geht nicht mehr weg. Als wir uns das erste Mal begegnet sind, sie spendete mir wegen eines Facebook-Aufrufs BettwĂ€sche, hatte ich am nĂ€chsten Tag eine Einladung zu ihr nach Hause in der Nachrichtenbox. Ich nahm das Angebot zum Abendessen an und lernte auch ihren Freund und ihren Hund kennen. Seitdem haben wir mal mehr, mal weniger Kontakt. Wir haben schon einiges gemeinsam erlebt. Wir haben gemeinsam schon unzĂ€hlige Liter Wein und Bier getrunken. Wir haben im Irish Pub zu 90er-Rock-Musik getanzt, auch wenn ich nicht ganz nachvollziehen kann, wie diese Musik jemand gut finden kann. Wir haben uns unzĂ€hlige Stunden unterhalten, gemeinsam gelacht und geschwiegen. Sie hat mir RatschlĂ€ge gegeben und mir einen Klaps auf den Hinterkopf gegeben, wenn ich diese nicht befolgt hab. Hat mich auch mal angetrieben, wenn es nötig war. Sie war es auch, die endlos auf mich eingeredet hat, dass ich eine Ausbildung in der Pflege machen sollte. Sie meinte, ich wĂ€re sehr gut fĂŒr den Beruf geeignet. Ich war skeptisch, aber was soll ich sagen? Sie hatte Recht. Es gefĂ€llt mir.
Als wir uns kennenlernten, wollte sie alles wissen. Ăber mein Leben. Was ich erlebt hatte. Wie es dazu kam, dass ich nun hier bin. Hat gebohrt und gefragt. Also habe ich ihr alles erzĂ€hlt. Sie hĂ€tte ohnehin nicht locker gelassen. Die Erinnerungen waren damals noch frisch. Es tat weh, darĂŒber zu sprechen. Aber ich erzĂ€hlte weiter. Manchmal haben wir dabei beide geweint, weil die ErzĂ€hlungen fĂŒr uns beide so schrecklich waren, wenn auch aus unterschiedlichen GrĂŒnden.
Da bin ich nun. Auf Story.one. In meinem Ausweis steht, ich heiĂe Sheragha Sultani. Meine Freunde nennen mich Josef. Auf diesen Namen wurde ich in Ăsterreich getauft. Ich komme aus Afghanistan. Ich bin ein Hazara. Ich werde euch hier in nĂ€chster Zeit meine Geschichte erzĂ€hlen. Mit allen traurigen, lustigen, emotionalen Geschichten. Und Melly, die wird mich beim Schreiben unterstĂŒtzen. Sie sagt, das wird toll. Ich bin gespannt, ob sie diesmal auch recht behĂ€lt.
© Josef sultani 2023-05-08