Kerzenlicht im Homeoffice

EMB

von EMB

Story

Wer mich kennt, weiß, ich liebe mein Zuhause, aber 24/7 ist zu viel.

Ich gehe gern ins Büro und bin dankbar, dass das auch wieder möglich ist. Da unser Vorgesetzter aber sehr um unsere Gesundheit besorgt ist, sind wir tageweise im Homeoffice, damit wir uns nicht gegenseitig anstecken können. Was zur Folge hat, dass unsere privaten Handys glühen…

„Ist der Ausdruck rausgekommen?“

„Kannst du mir das gschwind scannen und mailen? Liegt auf meinen Schreibtisch.“

„Du glaubst nicht, wie unfreundlich der eine Kunde grad war!“

So oder so ähnlich sind unsere täglichen Telefonate.

Was ich aber an diesen Homeoffice-Tagen sehr schätze, gerade jetzt in der stillen Zeit, ist, dass ich jeden Tag die Kerzen meines „Adventkranzes“ (bestehend aus einer Schieferplatte mit vier Teelichtern und ein bisschen weihnachtlichem Schmuck) anzünde und genieße.

Ich mag Kerzenlicht generell sehr gern. Aber gerade jetzt bedeuten die brennenden Adventlichter ein gewisses Maß an Normalität, Vertrautheit und auch ein bisschen die Erinnerung an unbeschwerte Kindertage, an denen Herumtollen im Schnee (der derzeit nicht liegt, zumindest in der Stadt) heiße Schokolade und die ersten selbstgebackenen Kekse von der Mama an der Tagesordnung standen.

Jetzt backe ich die Kekse selber, imprägniere meine Winterstiefel, falls sich doch ein paar Flocken verirren sollten, liebe Kaffee statt Kakao, aber die Kerzen – die brennen immer noch.

Sie sind wie wohlbekannte Arme, die mich festhalten, wenn ich eine Umarmung brauche, die mich aufmuntern, wenn ich traurig bin oder mich einfach beruhigen, wenn die Internetverbindung instabil wird oder sich die Präsentation vorm Zwischenspeichern aufhängt.

Dann schaue ich die Kerzen an und denke mir, es muss nicht alles perfekt sein, es muss nicht alles sofort sein. Es ist in Ordnung, wenn ich fünf Minuten länger brauche, dafür ohne Frust und Ärger.

Es ist in Ordnung, still zu sein.

© EMB 2020-12-14