Kichern

Solveig Köstermann

von Solveig Köstermann

Story

Wir kicherten nun beide leise. Es war ungewohnt, mein Gesicht hatte sich an festgelegte Emotionen gewöhnt und war herausgefordert. „So freut man sich also“, dachte ich. Erstaunlich. Victor drehte sich im Kreis. Er versuchte alle Eindrücke zur gleichen Zeit zu machen, auch bei ihm war Veränderung sichtbar. Er wirkte größer. Die Wolken kamen immer tiefer, senkten sich auf den Boden, sodass wir auf einmal im Himmel waren. Kleine Fische sprangen aus ihnen hervor, glitzerten kurz auf, verwandelten sich in Regenbögen, Tropfen, verschwanden. Wir gingen weiter. Der nächste Durchgang diesmal wurde es dahinter heller. Ein schwangeres Eichhörnchen saß vor einem Pilz. Victor hob es auf und begann es mit Nüssen zu füttern. Ich hakte mich bei ihm ein und betrachtete seinen Bauch, kleine Bewegungen waren sichtbar. Wir erreichten die Halle. Rein oder raus? Rein, immer rein, das Leben ist zu kurz für fehlende Erfahrungen. Unter der Kuppel bewegten sich Planeten und Sterne, langsam, träge. Was, wenn auch das nur eine Zelle in einem Organismus war. Das Weltall und der ganze Rest? Das Eichhörnchen verschwand im Dunkeln und Victor betrachtet mich: „Bist du vielleicht schwanger?“ Er hatte also auch meine veränderte Energie wahrgenommen. Etwas Neues, das ich nicht zuordnen konnte war in mir. Ob es ein Kind war? Eher eine neue Energie im Moment. Für mehr konnte ich die Hand nicht ins Feuer legen. Körper machen, was sie wollen so lange sie die Freiheit haben, mit der Seele verbunden zu bleiben. Manifestationen, jeden Tag, jede Sekunde wiederholt. Er zog mich aus, langsam und sorgfältig. Es war so warm hier drinnen, das ich den Unterschied nicht spürte. Seine Hand legte sich auf meine Brust und strich nach unten, bis sie zwischen meinen Beinen lag. Er begann sie zu bewegen. Seine andere Hand legte sich unter mein Kinn. Es war still und feucht. Erneut Fische. Und seine Erregung. Meine auch. Ich drehte mich um, sodass es ein fließender Übergang war und spürte die Bewegung in mir. Wieder die Hand, diesmal von hinten an meinem Hals. Einer der Planeten, Jupiter? Zog an uns vorbei. Ich streckte die Hand aus und kicherte wieder leise. Keine Angst, zu Hause. Bekannte Gedanken erschienen und wurden durch neue erschreckt, oder aufgeschreckt? Die neue Form meines Kopfes ließ sie umherschwappen, weich werden, verschwinden. Mein Körper entspannte sich tiefer und Victor seufzte leise. Ich drehte mich um, wollte sehen, wenn es aus ihm herauskam. So hell und lebendig. Wir schauten uns an, nickten beide und gingen weiter. Zusammen, ein Wort, dass ich lange vergessen hatte. Nur die neue Form meines Kopfes erlaubte ihm dazubleiben. „Ich weiß“, sagte Victor, „Geht mir genauso, aber ohne die Angst würde es keinen Spaß machen, oder?“ Er hatte recht, es machte Spaß, ließ noch mehr Lebendigkeit fließen. Die Angst verschwand und wieder dieses ungewohnte Gefühl, Freude. Die neue Energie stieg eine Ebene tiefer und machte es sich gemütlich. Der Planet vibrierte nun leise wie eine Katze. „Alles halb so wild, entspann dich einfach und sie mich als Mensch“, sagte Victor. „Mach’ ich genauso und lässt mich ruhig träumen.“ Der Springbrunnen in meinem Magen wurde ruhiger, sanfter, weicher. „Na dann.“ Entschied ich und wir gingen weiter.

© Solveig Köstermann 2024-02-16

Genres
Romane & Erzählungen