von gehviky
Sonntag, irgendwann im Jänner. Draußen war es kalt, drinnen hingegen heizte die Stimmung das Haus meiner Schwiegereltern richtig auf. Es war der Geburtstag meiner Mini-Schwägerin, die kleine Schwester meines Freundes wurde irgendetwas zwischen 8 und 12, ganz genau weiß ich es leider nicht mehr. Es waren etliche Verwandte gekommen, es gab reichlich Kuchen und später dann, spielte ich mit der Kleinen im Wohnzimmer Playmobil. „Warte warte, ich hol was!“, sprang sie plötzlich auf und kam mit einem bunten Blatt Papier retour. „Schau mal“, sagte sie stolz und überreichte mir den Zettel. „VIKIIIII, magst du zu meiner Freundinnen-Geburtstagsfeier kommen?“ Stand groß und in farbigen Lettern auf dem aus Zellulose hergestelltem Schreibutensil. Ein Kind, mehr als zehn Jahre jünger, hatte mich zu ihrer Mädelsparty eingeladen, ich sag’s wies is: Ich hab‘ alles errreicht. Freitag, eine Woche später. Draußen war es noch immer arschkalt, drinnen diesmal noch hitziger. Woher diese Hitze kam, war selbsterklärend. Vier Mädchen im Volksschulalter, eine Party und mittendrin: Ich. Als ich an der Tür läutete, kam mir die Meute schon entgegen. „Viky, endlich! Die Viky is daaaaaa“, schrie das Geburtstagskind. Ihre Freundinnen waren skeptisch. Wer ist die denn? Was will die hier? Vermutlich geisterten solche Fragen in ihren Köpfen umher. Es dauerte allerdings keine 10 Minuten, schon quasselten alle auf mich ein. Später kam der wichtigste Teil: die Geschenke. Die Kleine bekam etliche Süßigkeiten, Gutscheine, Malsachen und: „DAS ORAKEL“ – Spielkarten. Die Mädchen riefen wie wild durcheinander, der Kuchen war vergessen. Das Spielprinzip war einfach, man stellte eine JA-NEIN-Frage und zog eine Karte, das Schicksal verriet dir dann die Antwort. Wir saßen im Kreis auf dem Bett und diskutierten, wer anfing. Das war dann mein McMoment. „ICH WILL“, rief ich enthusiastisch. Meine leichte Abhängigkeit nach Kurzvideos im Internet machte sich bezahlt, ich kannte einige typische Aussagen von Kartenlegern und musste das hier nur irgendwie zur Anwendung bringen. „Halllooo, wen habe ich hier in der Leitung?“, schnäuselte ich. Ein Mädel meldete sich: „Die Anna!“ „Ohh, die Amelie! Was ist deine Ja-Nein-Wann-Frage?“ Die Partygäste kicherten. „Werde ich den Elias mal heiraten?“ Ich mischte die Karten und summte irgendeine mystische Melodie. Einige Karten fielen mir runter und ich deckte sie nach der Reihe auf und gab meinen Senf dazu: „Mhmhmhmhm. Das Schicksaaal steht äußerst gut, der Rabe zeigt, dass die Zeit verfliegen wird bis dein Traum in Erfüllung geht!“ Zu jeder der Karten saugte ich mir jeglichen Blödsinn aus dem Kleinhirn und die Mädchen bogen sich vor Lachen. So ging das dann einige Zeit weiter, bis ich an der Reihe war. Jetzt spielte das Geburtstagskind Orakel. „Wird die Viky morgen erfahren, dass sie Drillinge bekommt?“ „Ohjemine“, dachte ich mir „jetzt gehen solche Fragen los.“ Alle lachten laut. Natürlich bestätigten die Karten ihre Hypothese. Ich war also laut meiner Junior Schwägerin mit Drillingen schwanger. Na toll. Und so ging es den ganzen Tag lang bis zum Abend hin. Wir wechselten ständig zwischen wie-die-Wilden-tanzen, Orakel spielen und Viky (mir) unangeheme Fragen zu stellen. Die Ruhe im Auto später, die war mir heilig. Die Moral von der Geschicht? Überleg‘ dir, ob du zum Kindergeburtstag kommst, oder nicht.
© gehviky 2025-02-20