Wenn man mich als Kind gefragt hat, was ich werden möchte, habe ich immer gesagt, dass ich Astronautin werden will, damit ich die Sterne aus der Nähe sehen kann. Schon früh, noch im Kindergarten, habe ich mir abends im Sommer unglaublich gerne die Sterne vom Balkon aus angesehen. Ich saß dann draußen auf meinem Stuhl und genoss den Blick in den Himmel. Sterne schauen – das war für mich wie für andere Kinder Fernsehen schauen. Ich wollte lesen lernen, damit ich Bücher über Sterne und das Weltall lesen kann. Ich wollte lange wach bleiben, damit ich die Sterne angucken kann. Jede Diskussion mit meinen Eltern nahm ich dafür in Kauf. Es war atemberaubend, als meine Eltern mit mir, als ich acht Jahre war, ins Planetarium gegangen sind. Nach dieser Show wusste ich, dass ich Astronautin werden will. Und mir war bewusst, dass ich dafür alles tun würde, und dass es nicht leicht werden wird. Obwohl keiner an mich glaubte, glaubte ich an mich. Sie meinten zu mir, als ich vierzehn war, dass ich aufhören solle zu träumen, ich wäre doch schon fast erwachsen. Soll das heißen, dass man als Erwachsener nicht mehr träumen darf? Ich habe das nicht verstanden, also hörte ich nicht auf sie und hielt trotzdem an meinem Traum, Astronautin zu werden, fest. Es war anstrengend gegen die Worte der anderen anzukämpfen. Sie sagten wir, dass ich das nicht schaffen werde. Und ich fragte mich: Wieso sollte ich das nicht schaffen? Ich will es, also werde ich es auch schaffen. Ich verlor nie den Glauben an mich selbst, obwohl alle anderen ihn verloren haben. Ich hatte ein Ziel, und das wollte ich um jeden Preis erreichen. Der Weg zu diesem Ziel war holprig, lang, steinig und anstrengend. Aber trotz allen Hindernissen kämpfte ich weiter. Die Sterne standen mir bei und durch sie verlor ich nie mein Ziel aus den Augen. Am Ende des Weges kam ich vor einem Jahr an. Vor einem Jahr wurde ich Astronautin. Und jetzt stehe ich hier auf dem Mond, und bin den Sternen so nah wie noch nie.
Was ich gelernt habe?
Nie den Glauben an mich selbst zu verlieren, obwohl alle anderen nicht an mich glauben. Nie aufhören zu träumen. Nie darauf hören, was andere sagen, nur ich weiß, was die Wahrheit ist. Nie aufgeben, wenn es schwierig wird, aber auch akzeptieren, wenn ich mal eine Pause brauche. Dankbar sein, für alles, was ich habe. Jeden Moment genießen. Dass Kindheitsträume wahr werden können.
Und während ich meinen Traum lebe, verliere ich nie den hellsten Stern aus den Augen, der für dich steht. Du hast mir immer wieder gesagt, dass ich meine Träume verwirklichen soll. Du hast an mich geglaubt, aber dann warst du fort. Du bist ein Stern geworden.
Ich denke, jeder Stern war mal ein Leben, und jedes Leben wird mal ein Stern. Und die Sterne, die am hellsten leuchten für uns, das sind unsere Liebsten, die die Erde verlassen haben. Sie schauen immer auf uns herab, auch, wenn wir sie nicht sehen können. Sie sind trotzdem da und werden nie gehen. Sie leuchten für uns, damit wir nicht vom Weg abkommen.
© Anna-Lena Gutscher 2021-03-03