Klagenfurt

Milena Irene Lahmeyer

von Milena Irene Lahmeyer

Story

Wenn ich beginne, an meinem Leben zu zweifeln, denke ich an meine Zeit in Österreich zurück. Ein halbes Jahr wohnte ich in Klagenfurt, der Blick auf die Karawanken direkt vor der Haustür. In der Dämmerung erstrahlten die Berge in magischen Farben, genauso wie der nah gelegene Wörthersee. Wenn ich nicht gerade Zeit mit meinen Kommilitonen verbrachte, spazierte ich durch den Europapark und ließ meine Gedanken schweifen.

Frisch ausgezogen, ließ ich erstmals Familie und bisherige Freunde in Deutschland zurück. Achthundert Kilometer weit entfernt ruhten alle Ansprüche an mich und mein Geist begann, sich von den seinen Sorgen zu lösen. Ich war frei und mein kreativer Geist begann, sich zu den Karawanken empor zu schwingen. In dieser wunderbaren Zeit, in der ich frei träumte und lebte, fügte sich auf magische Weise vieles von selbst.

Ich fand wunderbare Freunde, mit welchen ich mich auf Reisen begab. Kroatien, Slowenien, Wien, Ungarn und sogar Rom stand auf unserer Liste, wobei wir bis auf letzteres alle Ziele mit meinem roten Fiat 500 ansteuerten.

Außerdem wurde mir in Klagenfurt klar, in welche Richtung ich mich beruflich bewegen wollte. Ich bewarb mich auf den Job, der mir vor Augen schwebte, obwohl ich unterqualifiziert war. Genommen wurde ich trotzdem, jedoch für eine andere Position. Ich begann, zusätzlich zu meinem Studium eine Online-Ausbildung zu absolvieren, die ich bis heute bereichert. Zur gleichen Zeit ergab sich wie von Zauberhand eine Möglichkeit, mit meinem Partner in eine wunderschöne Wohnung in meiner Heimatstadt Mainz zu ziehen, würde ich von meinem Aufenthalt in Österreich zurückkommen.

Ein bisschen Abstand, ein bisschen Ruhe. Ein stiller Kontakt mit dem Herzen. Auf seltsame Weise fügte sich alles. Vielleicht war es Zufall. Aber vielleicht war es auch das Signal meines leichten Herzens, welches damals zur Welt sprach: Endlich ist sie mit sich im Reinen, holt die Schätze raus!

Vielleicht erinnerte ich mich im Anblick der Karawanken auch an meine eigene Größe. Ich kann nicht mehr zurück an diesen Ort, jedenfalls nicht so, wie damals. Aber war es nicht das Herz, was die Klarheit enthielt, statt der Ort? Dort entdeckte ich, dass ich niemandem etwas schuldig war außer mir selbst. Ich entdeckte es jedoch nicht auf den Straßen Klagenfurts, sondern in meinem Herzen.

© Milena Irene Lahmeyer 2022-09-27

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