Klare Ansage

UrsulaJocham

von UrsulaJocham

Story

Am Anfang fand ich dich ganz nett und das meine ich nicht negativ. Wir waren uns auf einer Veranstaltung begegnet und ins Gespräch gekommen. Du erzähltest von dir, ein bisschen was über dein Leben. Hörte sich interessant an.

Dann sah ich dich ab und zu in meiner Stammkneipe. Du kamst mit einer Frau. Wir begrüssten uns meist kurz, sagten „Hallo, wie gehts“. Smalltalk, mehr nicht.

Dann kamst du auf einmal alleine. Erzähltest, dass deine Frau nun fort ist. Du hattest viele Jahre mit ihr verbracht. Jetzt war sie weg. Fort aus deinem Leben. Immer noch in deinen Gedanken.

Dann kam ein Ausflug mit mehreren Leuten aus der Clique, du hattest dich angeschlossen. Du warst alleine. Auf einer längeren Autofahrt hast du viel von dir erzählt und ich auch etwas von mir. So war die Fahrt recht kurzweilig.

Danach hast du angefangen, dich in meinem Stammlokal immer zu mir zu setzen. Wolltest immer mit mir reden. Die ganze Zeit. Wolltest mich treffen, alleine. Mit mir spazieren gehen. Du sagtest, dass du mein Freund werden willst.

Du gingst viel auf kulturelle Veranstaltungen, hast mir ständig Angebote für dieses und jenes Event geschickt. Ich lehnte ab. „Warum lehnst du alles ab?“, fragtest du. „Frag mich doch einfach was mir gefällt“, antwortete ich. War das denn so schwierig?

Anscheinend war es das, für einen Mann, der gewohnt war immer das zu bekommen was er wollte. Nach langem Hin und Her ging ich mit dir auf ein Konzert, du wolltest mir unbedingt eine Karte zu Weihnachten schenken. Nach der Veranstaltung sind wir die Treppen ins Freie gegangen und eine ältere Frau mit einem Rollator tastete sich alleine ganz langsam ebenfalls die paar Stufen nach unten. Du nahmst ihr wortlos den Rollator weg, hast ihn am Fuße der Treppe abgestellt und bist ohne ein Wort weitergegangen. Die alte Dame schaute irritiert. Ich war sprachlos.

Dann bin ich auf Distanz zu dir gegangen. Du hast mir Briefe geschickt, hast Emails geschrieben. Du hast oft angerufen. Ich bin nicht ans Telefon gegangen. Du hast nicht locker gelassen. Hast mir auf die Mailbox gesprochen, erzählt wo du gerade bist. Du würdest so gerne mit mir irgendwo hinfahren. Du möchtest mir gerne was schenken. Dein Tonfall wurde immer drängender, fast aggressiv. Du möchtest mein Freund sein. Du möchtest mich kennenlernen. Du, du, du….

Und wo war ich? Mir war das alles zuviel geworden. Du hattest dich in mein Leben gedrängt, – nein, ich hatte dich hereingelassen! Ich wollte dich aber nicht in meinem Leben haben. Wenn wir uns trotzdem in der Öffentlichkeit sahen, wirkten deine vorwurfsvollen Blicke wie eine Anklage.

So musste ich – viel zu spät – nun eine klare Ansage machen. Ich fühlte mich immer unwohler in deiner Gegenwart. Unfrei. Bedrängt. Wollte mein Leben durch dich nicht einschränken, obwohl es das längst war. Würdest du eine Abfuhr akzeptieren?

„Lass mich bitte einfach in Ruhe. Ruf mich bitte nicht mehr an. Schreibe mir bitte keine Nachrichten mehr.“

So einfach war es also. Was folgte war Ruhe vor dir, endlich.

© UrsulaJocham 2020-08-30

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