von SteffiW
Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend stehe ich vor der Sydney Harbour Bridge und schaue nach oben. Habe ich mich überschätzt? Hätte ich die Tour auf den höchsten Punkt des Brückenbogens besser nicht gebucht?
Seit meinem Australienbesuch vor zwei Jahren hatte ich davon geträumt. Doch jetzt hoffe ich, dass mir meine Höhenangst keinen Strich durch die Rechnung macht.
Beim Veranstalter werden wir zuerst auf die Klettertour vorbereitet: Hosen- und Jackentaschen leeren, sämtliche Gegenstände, wie Portmonee und Fotoapparat, im Schließfach verstauen, Overall über die Kleidung anziehen. Nichts, was herunterfallen könnte, dürfen wir mitnehmen. Zuletzt bekommen wir einen Gurt um die Taille gelegt, an dem ein Seil für die Sicherung angebracht ist. Dann kann der Aufstieg beginnen.
Unterhalb der Fahrbahnen folgen wir einem Übergang bis zum Anfang des Brückenbogens. Dort haken wir uns in den Handlauf ein. Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Zuerst müssen wir über mehrere befestigte Leitern senkrecht nach oben klettern. Mein Herz schlägt schneller. Normalerweise schlottern mir ab der zweiten Stufe einer Treppenleiter die Knie. Ich schließe die Augen, atme durch und öffne sie wieder. Dann greife ich die Handläufe rechts und links und setze den Fuß auf die erste Sprosse. Bloß nicht hinunter schauen! Bloß nicht zu viel nachdenken!
Stufe für Stufe kämpfe ich mich hinauf und gelange auf eine Plattform. Dort verschnaufe ich und warte bis die nächste Leiter frei geworden ist. Es funktioniert besser als erwartet und als wir alle hinter uns gebracht haben, beginnt der Gang über den Brückenbogen. Hier kann man nicht mehr direkt nach unten schauen. Das erleichtert die weitere Tour für mich. Langsam gehen wir aufwärts und ich fühle mich, als steigen wir in den Himmel.
Nachdem wir den höchsten Punkt erreicht haben, machen wir eine Pause. Das Wetter ist mittlerweile phantastisch: sonnig und warm. Jetzt wage ich zum ersten Mal einen Blick über das Geländer. Das Panorama ist atemberaubend. Vor uns liegt die berühmte Oper, deren Architektur sie wie aneinandergereihte, übergroße Muscheln erscheinen lässt. Dahinter das Grün des Botanischen Gartens. Am stark bevölkerten Circular Quay legen Fähren an und ab. Auf der anderen Seite befindet sich das Stadtviertel The Rocks mit seinen wunderschönen alten Häusern. Diesen Ausblick genieße ich in vollen Zügen. Was wäre mir entgangen, wenn ich meine Höhenangst nicht überwunden hätte!
© SteffiW 2021-01-27