von Martina Huemer
Der weltberühmte Maler Gustav Klimt verbrachte von 1900 bis 1916 regelmäßig die Sommermonate in der Attersee-Region. Er ließ sich von der einzigartigen Naturlandschaft inspirieren und schuf 45 der 50 bekannten Landschafts-Gemälde.
Ich verbrachte auch in diesem Sommer wieder sehr viel Zeit damit, in den wundervollen Attersee im Salzkammergut – einzutauchen. Sein Farbenspiel in all den Blau- und Türkistönen – ist für mich einzigartig. Der See kann sein Erscheinungsbild binnen kurzer Zeit wandeln: Die Einstrahlung der Sonne, die Wolkenbildungen, die Stärke des Windes und noch so vieles mehr – nehmen Einfluss auf die Ausstrahlung und Wirkung des Sees.
Ich lernte das Schwimmen im Attersee. Meine Tante nahm mich immer wieder mal mit. Ich erinnere mich an einen Schwimmreifen mit einem Enten-Kopf, der mir damals als Schwimmhilfe diente. Später fuhren wir mit den Fahrrädern an den See – oder wurden von Nachbarn mitgenommen. Schon als Schulkind faszinierten mich die versunken Welten der ersten Pfahlbauern vor über 7.000 Jahren.
Wir trafen uns als Jugendliche jeden Sonntag an unserem Lieblings-Uferplatz. Wir feierten als Angestellte einer Bank jedes Jahr ein Sommerfest. Drei Saisonen arbeitete ich als Rezeptionistin in Jugendgästehäuser am See. Ich blicke auf Jahrzehnte voller Erinnerungen. Ich ließ mich inspirieren von der Schönheit der Landschaft und ich teile meine Liebe zum See mit allen, die mich auf meinen Naturführungen in der Attersee-Region begleiten.
In diesen Tagen sitze ich meistens am Steg des Emilie-Flöge-Bades und lasse meinen Blick schweifen – von der Paulick-Villa am West-Ufer über den See bis zum anderen Ufer mit dem Schloss Kammer.
Ich lasse das Glitzern auf der Wasseroberfläche ganz in mich hineinströmen. Es sind wie Sterne, die auf dem Wasser tanzen.
Viele Eindrücke konnte Klimt auf die weiße Leinwand übertragen. Das Attersee-Gemälde wurde von einem Zeitgenossen auch als „Rahmen voller Seewasser“ genannt. Durch das Spüren des Wassers auf meiner Haut – werden diese Kunstwerke lebendig und ich kann mich in sie hineinfühlen.
Ich mag die Geschichten rund um Gustav Klimt. Lesungen in der Paulick Villa, in der er immer wieder zu Gast war – lassen mich und uns an seinem Leben ein wenig teilhaben. Die Schauspielerin Maxi Blaha entführte uns in die Welt der Emilie Flöge – im Stück „geliebte Muse“. Wir lauschten dem Briefverkehr zwischen Klimt und Flöge – und erlebten ein wenig dieWelt um 1900. Flöge war eine selbstbewusste und selbstbestimmte Frau. Sie hat uns vieles zu erzählen – aus ihrer Zeit, in der sie sich durch ihre Modeschöpfungen von der enge des Mieders befreite.
Ganz nah kann ich dieser Zeit sein, wenn ich am Ufer des Attersees sitze und die Wellenbewegungen beobachte. Diese „Sehnsucht nach dort“ – wie es Gustav Klimt beschrieb – kann ich nachspüren. Umso schöner ist es, dieser Sehnsucht nachzugeben – um meine Zeit am See zu verbringen.
© Martina Huemer 2020-09-29