von kleinschreibung
Weil Schreiben die höchste Form der Selbstbefriedigung ist, kraule ich mir mit der freien Hand die Eier. Sorry falls too much information oder zu vulgär, aber eigentlich ist da doch nichts dabei. Mann hat eben so seine Bedürfnisse und wenn wir mal ganz unter uns sprechen, macht das doch jeder so. Ist ja nicht so als hätte ich geschrieben, dass ich mir die Klitoris massiere. Dann würde das hier auch ziemlich schnell nach FSK 18 klingen. Dabei ist der Griff in den Schritt erstmal vergleichbar, nur dass man manche Sachen eben sagen darf und andere eher nicht so. Konkret ist es gesellschaftlich insgesamt akzeptierter, wenn ich mir Hodensäcke herbeierfinde, als wenn ich über das schreibe, was tatsächlich vorhanden ist. Während es ganze Redewendungen gibt, die sich mit den gemeinhin als männlich bezeichneten Genitalien beschäftigen, bleibt das, was sich bei der anderen Hälfte der Weltbevölkerung unterhalb des Bauchnabels befindet, ziemlich totgeschwiegen.
Man könnte jetzt lustig sein und sagen, dass mir das auf den Sack geht. Oder Sack halt total innovativ durch Eierstöcke ersetzen. Leute, euer Sexismus geht mir auf die Eierstöcke. Süß. Denn das mag anatomisch ja vielleicht das Äquivalent sein, aber ich kann mir nicht mal vorstellen, wie die eigentlich aussehen, also abgesehen von den abstrakten Zeichnungen in Rosa, die in der 7. Klasse Biologie beschriftet werden sollten. Demgegenüber kann man kleine Leuchthoden für den Fahrradsattel kaufen, die während der Fahrt lustig herumschlackern.
Aber abseits der Schriftlichkeit ist meine Sprache dann auch nicht so porno und ich verwende ernsthafte den Begriff Mumu, dieses komische Wort, das sich anhört wie eine Kreuzung aus Mama und Kuh. Natürlich weiß ich es besser, aber Vulva fühlt sich im Mund einfach so viel komischer an, als sie das tatsächlich tut. Ja, lutsch mir die Eier, schon wieder so eine Obszönität. Patriarchale Welt, patriarchale Sprache. Die findet sich nicht zuletzt in problematischen Bezeichnungen wie Schamlippen oder Vagina, übrigens die lateinische Bezeichnung für Scheide und sich damit wieder über (die Abwesenheit des) Penis‘ definierend. Könnte man jetzt dämlich finden, zumindest, solange man hier etymologisch nicht näher hinschaut und sich fragt, wieso das eigentlich das negative Äquivalent zu herrlich ist. Wow, Sprache kann ja so hinterfotzig sein und über meine Vulva zu schimpfen, ist tatsächlich einfacher als neutral über sie zu reden. Danke, Sozialisation. Aber zurück zur Klitorismassage, diesem schönen Wort, das von Microsoft Word rot unterkringelt wird, weil es das Programm auch einfach nicht packt.
Wie soll Misogynie eigentlich verschwinden, wenn wir unsere eigenen Geschlechtsteile so sehr hassen, dass wir sie nicht einmal im Rahmen der Möglichkeiten bei ihren Namen nennen wollen, solange sie nicht brav innen liegen? Da sind sie noch unsichtbarer als fiktive Eier.
© kleinschreibung 2021-07-01