von Elisabeth Nigro
Alle Blicke der Journalisten und der Kameras sind gespannt auf die große Tür gerichtet, die sich gerade in diesen Moment öffnet. Die Augen sind weit aufgerissen, der Mund vermutlich auch. Doch hinter den Masken sieht man es nicht, aber es brodelt. Und das gewaltig. Man hört nur das Blitzlichtgewitter, ansonsten ist es mucksmäuschenstill. Doch gedanklich ist es ganz laut und deutlich zu hören. „Wos is jitz da los?“ „Na geh!“ „Wia schaud den de aus?“ „I glabs nid!“ „Er hod so vü und sie goa koane Hoa!” Ein entsetzendes Raunen geht unter den Masken durch den Saal. Der blanke Wahnsinn. Und das im 21. Jahrhundert. Ein Fauxpas!
Das neue Ensemble des Jedermanns wird vorgestellt und heuer ist es ein wenig anders als all die Jahre zuvor. Wer sagt das? Ich sehe nur zwei durchaus begabte Schauspieler, die mit Sicherheit dieses einzigartige Theaterstück mit Bravour meistern werden. Einen Jedermann und seine Buhlschaft. Nix weiter! Was sehen Sie? Ehrlich!
Gut, bei einem Mann, sind lange Haare seit den 70 gern gesellschaftsfähig geworden, denke ich mir. Es gibt natürlich immer noch die Klischees vom Rocker, vom Aussteiger oder vom Häfmbruada. Aber wahrlich daran stören tut sich keiner mehr daran. Manche Frau ist sogar auf die “Manns” Wallemähne neidisch und reagiert äußerst entzückt beim Anblick eines nackten, muskulösen Oberkörpers mit leicht gelocktem Haar. Glauben Sie mir, ich weiß, wovon ich rede! Weit hat “Mann” es heute schon gebracht mit langen Haaren. Und Lars Eidinger eben auch auf die große Bühne am Domplatz als Jedermann.
Doch wie sieht es da mit dem anderen Geschlecht aus? Eine Frau mit kurzen Haaren oder sogar einer radikalen Stoppelglatze. Das geht doch nicht! Bei Frauen mit kurzen Haaren denk man mehr an Krankheit, psychische Probleme oder eher dem eigenen Geschlecht zugetan. Unbedingt lange Haare müssen es sein bei der Frau, damit Frau, Frau sein kann. Das gehört einfach dazu. Ehrlich jetzt? Warum? Warum wird man heutzutage noch immer so über seine Haare definiert. Oberflächlichkeit pur! Und dann noch eine Buhlschaft mit Stoppelglatze. Also ehrlich? Wo bleibt den da die Weiblichkeit?
Mmmh, ja wo den? Wohl in Form von Frau Verena Altenberger. Der neuen bezaubernden Buhlschaft. Sie kam, sah und siegte. Auf voller Linie! Für mich der Inbegriff von humorvoller Schönheit. Ich habe sehr selten eine so wundervolle, hübsche, weibliche Frau gesehen. Sie verkörpert einfach das Frausein, auf ihre ganz eigene Art. Mit all der Sinnlichkeit, der Leidenschaft, der Erotik. Der Offenheit, der Einzigartigkeit, der femininen Stärke. Sie strahlt eine irrsinnige Kraft aus, die weit über das Vorstellbare reicht. Haare Nebensache.
Ich wünsche mir mehr Offenheit um all die eingefahrenen Denkmuster zu durchbrechen. Und Frauen nicht in Schubladen zu stecken. Und ich möchte mehr Journalisten hören, die unter ihrer Maske lächeln und laut herausschreien. “Ma spinn i eh! So a coole, schene, sexy Buhlschaft! So oane homma no ni kobt!”
© Elisabeth Nigro 2021-08-04