König Corona und Gevatter Tod

Heidemarie Leitner

von Heidemarie Leitner

Story

Es war einmal…, so beginnen viele Märchen. Ich möchte heute meine Geschichte als Märchen erzählen, weil der persönliche Schmerz so groß ist und dieses Schicksal momentan so viele Menschen betrifft.

Mein Märchen spielt im Land Österreich. Es ist ein schönes Land, mit hohen Bergen und tiefen Tälern. Genauso gibt es auch gute und böse Bewohner. Damit alles schön seine Ordnung hat, haben wir uns darauf verständigt, dass wir uns Personen aussuchen, die darauf aufpassen, dass unser schönes Land auch weiterhin das Beste für alle seine Bewohner ist.

Wie in jedem Märchen gibt es in meiner Geschichte auch einen Bösewicht, der unser schönes Land bedroht. Er ist nicht sichtbar, aber es scheint er sei ein Freund vom Gevatter Tod. Mein 5-jähriger Enkel nennt ihn König Corona und er mag diesen doofen König überhaupt nicht. Es ist ihm auch nicht zu verübeln, hat ihm dieser Bösewicht doch seine Geburtstagsfeier verdorben, nicht einmal seine geliebten Großeltern durften kommen. Seine 8-jährige Schwester hat sogar gemeint, dass die Kinder jetzt schuld seien, wenn die Großeltern sterben. Da ist mir als Oma schon erst mal die Luft weggeblieben.

Es ist eine alte Binsenweisheit, dass sich die Verantwortlichen eines Landes in einer bedrohlichen Situation die besten Gelehrten zu Rate ziehen. Die Gelehrten unseres Landes haben interessante Waffen in Form von Computerprogrammen, die uns die Zukunft ausrechnen können. Also haben die Verantwortlichen diesen strategischen Vorteil genutzt und sind zu dem Schluss gekommen, dass es am Besten sei, uns einzusperren, möglichst allein und unsere neue praktische digitale Welt als Lebensraum zu nutzen.

Freiwillige unerschrockene Helden haben König Corona getrotzt und das Land aufrecht erhalten.

Mediziner haben gekämpft. Gevatter Tod seine Arbeit getan.

Der Frühling kam ins Land und ein warmes Lüftlein wehte über die Berge. Wie der harte Winter, so sollte doch auch die harte Zeit in der König Corona über Land gezogen ist vorbei sein.

Kinder können wieder lachen und der erste Schultag hat den Charme eines Maskenballs in Venedig.

Ältere Menschen können ihren Angehörigen in der Ferne winken. Sie werden in versperrten Einheiten geschützt. Wir können uns nicht umarmen, trösten und sicher fühlen.

Die neue Zeit ist da. Künstliche Intelligenz in Form von Prognoserechnungen, Videotelefonie, E-Learning, usw. hat unser Leben übernommen.

Unser biologisch verankertes Grundbedürfnis nach Sicherheit und Umsorgung wird in den Computermodellen und deren Sicherheitsstrategien nicht berücksichtigt.

König Corona hat und uns keinen lieben Menschen genommen. Die scheinbar hilfreichen Waffen, mit denen die Verantwortlichen und Gelehrten König Corona bekämpfen, haben das Leben meines Schwiegervaters und unserer ganzen Familie zerstört. Gevatter Tod hatte Erbarmen, ihn befreit und mitgenommen.

© Heidemarie Leitner 2020-05-18

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