Kokain

Michael Vock

von Michael Vock

Story
2021

Coronavirus: Woche vom 24. bis zum 30. Mai 2021

Mehr als zwei Milliarden Impfdosen sind mittlerweile weltweit verabreicht worden.

Am Anfang war ein Kokastrauch, er produzierte Samen X. Der Samen schlief und träumte von der Welt, vom Erwachen. Er erwachte und reckte sich der Sonne entgegen. Voller Unschuld ließ er seine Triebe wachsen, die Blätter sprießen. Die Blätter wurden mit Gewalt vom Strauch getrennt, hinweg genommen. Sie wurden zerrieben, vermischt, gepanscht, abgeseiht und getrocknet. Übrig blieb Kokainhydrochlorid, das Salz, das Kokain mit Salzsäure bildet. Menschen wogen, verpackten und schmuggelten es, über Wasser, Land und auf dem Luftweg. Das Päckchen wurde verteilt, geöffnet und mit Zusätzen vermehrt, das erhöhte den Profit. Das Salz aus dem Samen X erhielt eine andere Bestimmung, eine hohe Beimischung Atropin. Dieses wird aus der Tollkirsche gewonnen. Atropin rettet Leben oder zerstört es, die Dosis macht das Gift. Kokain X, vom Mörder in kleinen Mengen dosiert und an die Kunden verkauft. Die Verbraucher öffneten die Päckchen und bereiteten eine Line vor. Sie zweckentfremdeten ein Stück Papier oder einen Geldschein und setzten sich vor ihr Heiligtum, ihre vergängliche Reliquie. Das Röhrchen am Anfang der Line angesetzt, das Produkt aus Samen X zusammen mit der verbrauchten Luft eingeatmet. Das Kokain würde in 20 Minuten seine Wirkung entfalten. Das Atropin wirkte schneller. Die Überdosierung führte zu Bewusstlosigkeit, später zu Atemlähmung. Die Verbraucher starben und welkten dahin. Weit entfernt reckte sich der Kokastrauch der Sonne entgegen, seine Blätter waren vollständig nachgewachsen. Ouroboros, der Selbstverzehrer der Ewigkeit, biss sich in den Schwanz. Der andauernde Kreislauf bildete eine geschlossene Einheit. Die Pflanze kannte ihr Schicksal nicht, weder die missbräuchliche Verwendung noch den von Menschen erdachten Zweck ihres Daseins. Sie folgte ihrem genetischen Code, der ihr befahl: „Wachse und gedeihe!“

Wie dem Kokastrauch ergeht es jeder Lebensform im Universum. Wenn Mutter Natur gebietet: „Folge deiner Bestimmung!“, gehorchen wir. Es sei denn, wir nehmen das Schicksal selbst in die Hand.

© Michael Vock 2021-06-19

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