Kommerzialrat war ich nie

Klaus Schedler

von Klaus Schedler

Story

„Geh hör auf, ICH doch nicht!“ „Doch, glaub mir, mit dieser Funktion bist du gleichsam »Kommerzialrat von Amts wegen«!“ so der Kollege. Was war geschehen?

Ich war zum a.o. Mitglied der Statistischen Zentralkommission bestellt worden. Offiziell aufgrund meiner Mitwirkung im Fachbeirat Bildung und tatsächlich war ja die Bildungs- und Berufsstatistik mein Spezialgebiet. Ich hab da früher gern im Amt mitgearbeitet, denn dort traf man die Kollegen aus den anderen Interessenlagern sowie den Bundes- und Landesdienststellen und fachlich konnten wir uns ja prima austauschen, solang es nicht um politische Positionen ging. Oberstes Beratungsorgan des Statistischen Amts war die Statistische Zentralkommission für die klar geregelt war, wie viele Vertreter die öffentlichen Dienststellen und Sozialpartner delegieren durften. Im Kontingent der a.o. Mitglieder waren nun 2 Plätze vakant und da einen davon die Arbeitnehmerseite beanspruchte, war klar, dass wir uns als Wirtschaftsvertretung um den anderen bewerben würden. Als Kandidat kam praktisch nur ich in Frage und wenig später war ich somit »a.o. Mitglied der Statistischen Zentralkommission«.

Ein traditionsreiches Kollegialorgan, das 1863 damals noch als „k.k. Statistische Zentralkommission“ gegründet worden war. Aber »Kommerzialrat«? Dieser Titel ist allein verdienstvollen Wirtschaftstreibenden vorbehalten und ich verstand meine Tätigkeit als die eines Wissenschafters.

Erst viel später erfuhr ich, dass an der Behauptung eine Spur Wahrheit ist. Im Jahr 1949 formierten sich die Beratungsgremien der amtlichen österreichischen Statistik neu und unter anderem wurde dabei vorgesehen, dass sich die über die Wirtschaftskurie nominierten Vertreter des Fachbeirats für den Außenhandel für die Dauer ihrer Amtszeit als »Kommerzialrat für die Statistik des Außenhandels« bezeichnen durften. Mancherorts meinte man nun, dass jedes Mitglied der Wirtschaftskurie in einem Kollegialorgan der Statistik ein Kommerzialrat sei. Dem Vernehmen gab es in der weiteren Folge dann erfolglose Bemühungen, diesem Beispiel folgend auch »Oekonomierräte für die Statistik der Forstwirtschaft« und dergleichen einzuführen.

Seit dem Jahr 2000 ist das „Österreichische Statistische Zentralamt« aus der Bundesverwaltung ausgegliedert und wird als »Statistik Austria“ geführt. Die Statistische Zentralkommission ist Geschichte, jedoch nie aufgelöst worden und somit brauchte ich als Mitglied nicht abberufen zu werden. Vieles hat sich so verändert, doch erst am 9. September 2019 bestellte Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft zu Mitgliedern der bei der »Statistik Österreich« eingerichteten Wirtschaftskurie. Damit haben sie lt. Presseaussendung das Recht, die Bezeichnung »Kommerzialrat/Kommerzialrätin für die Statistik« zu führen. Wie schön! Mir jedoch ist – vollkommen zu Recht – diese Ehre nie zuteil geworden.

© Klaus Schedler 2019-11-07

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