Konfessionelle Metzgereien in Gronau?

Klaus Schedler

von Klaus Schedler

Story

„Was eigentlich konnte man bei Quante kaufen? Ich erinnere mich nur an den stets zur Vorweihnachtszeit in der Auslage nickenden Nikolaus, und dann lagen dort noch ein paar sauber aufgerollte Seile im Fenster“. „Du vergisst dabei, dass er mit auch mit der Rute drohte und dann gab es dort in der Osterzeit alljährlich auch den Osterhasen!“ „Stimmt, Jürgen, aber womit handelten die alten Leute eigentlich?“ „Na eben mit Seilen“, meinte Dieter. „… sowie mit Besen und Bürsten“ ergänzte Jürgen.

Wie waren wir eigentlich darauf gekommen? Wir sind drei Brüder, die gemeinsam in Gronau aufgewachsen sind und nunmehr an entfernten Orten wohnten. Jürgen lebt als pensionierter Lehrer im Ruhrgebiet. Der nächst Jüngere ist Dieter, der sich als ehemaliger Unternehmer im Taunus zur Ruhe gesetzt hat und ich, Klaus, der Jüngste, lebe seit dem Ruhestand nach meiner Tätigkeit in einer österreichischen Interessenvertretung im niederösterreichischen Waldviertel. Wir unterhielten wir uns über „WhatsApp“.

Ja, die Weihnachtsdekoration bei Quante in der Neustraße war für uns in den 50ern etwas ganz Besonderes gewesen. Freilich gab es auch schon damals ein Weihnachtsgeschäft, aber das hatte bei weitem nicht jene Größenordnung wie heute. Auch war es damals fast eine Sensation, als die ersten Geschäfte begannen, ihre Schaufenster mit elektrischen Lichterketten zu schmücken.

„Und links neben Quante war die Buchhandlung Schievink …“, meinte ich. „Ja, aber das war die evangelische Buchhandlung, das heißt dort und nur dort konnte man evangelische Gesangbücher für Kirche und Unterricht kaufen“, warf Jürgen ein. „In der anderen, katholischen Buchhandlung Lensing (Wirtz) hätte man mit Befremden reagiert, wenn ein Kunde diesen Wunsch geäußert hätte“, ergänzte Dieter. Nun fiel zudem Jürgen ein „… und unsere Oma legte allergrößten Wert darauf, dass bei uns in der Familie alle Fleisch- und Wurstwaren bei Wiggers in der Bahnhofstraße gekauft wurden, denn der Metzger Ochmann in der Neustraße war katholisch.“

„Anders war dies bei Frau Mertens, der Fotografin, die bei jedem Anlass in der Stadt unweigerlich erschien und alle Leute – egal ob evangelisch oder katholisch – zu jeder Gelegenheit ablichtete.“ „Um Himmels willen ja“, meinte nun Dieter „… und in den folgenden Tagen wurden all diese Bilder im Schaufenster ausgestellt: Wer war mit wem wo?

„Überkonfessionell war auch das Schuhhaus Wahle in der Bahnhofstraße“, sagte ich. „Richtig“, stimmte Dieter zu, „… und dort gab es sogar einen „Pedomaten“, ein Röntgengerät, wo Eltern sehen konnten, wieviel Platz die Kinderfüße in den neuen Schuhen hatten.“ „Heute unvorstellbar“, meinte ich.

Jürgen beendete unseren Austausch von Erinnerungen mit den Worten: „Ja, Gott sei Dank hat sich mittlerweile doch allerhand zum Besseren gewendet“, worauf ich ergänzte „Schon recht, nur blöderweise geht jetzt kaum noch wer in die Kirche.“

© Klaus Schedler 2020-11-24

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