von Bettina Barth
Irgendwie hab ich das Gefühl, dass mein Treffen mit Konrad am letzten Wochenende nicht so gut lief. Eigentlich hatte ich vermutet, dass er sich melden wird. Aber warum darauf warten? Warum nicht die Sache selbst in die Hand nehmen?
„Hey, ich weiß, war ein bisschen seltsam, unser Treffen am Kiessee, oder?“
Es ist Donnerstagabend, ungefähr 22:00 Uhr. Und ich komme gerade zurück von der wöchentlichen Kunsttherapie. Dort können auch ehemalige Patienten kommen und Konrad war diese Woche leider nicht da. Wir haben nicht darüber gesprochen, aber ich hatte angenommen, dass er vielleicht diese Gelegenheit nutzt, um mich zu sehen? Jetzt hatte ich ja einen ersten Schritt getan.
„Ach, Schwamm drüber. Ist immer komisch, wenn man Leute so lange nicht sieht und dann… freue mich morgen auf Kunsttherapie! Was für ein Projekt machst du gerade?“
Okay, jetzt hatte ich meine Antwort, warum er heute nicht gekommen ist. Er war mal wieder ein bisschen verplant. Das kannte ich schon von ihm. Er hatte es nicht so mit den Wochentagen. Aber als jemand, der in der Buchhaltung arbeitet von irgendeinem großen Unternehmen in Hannover, wer will es ihm da verübeln?
„Jetzt musst du wohl eine Woche warten. Heute ist Donnerstag und ich male gerade ein sehr großes Landschaftsgemälde, es ist echt krass – irgendwie das jede Woche anders.“
„Mist. Hätte es aber eh nicht geschafft, musste lange arbeiten. Und der Weg ist halt auch ein bisschen weiter momentan. Demnächst darf ich zum Glück 2 Tage die Woche Remote.“
Ehrlich gesagt habe ich gerade gar nicht so viel Lust, mit ihm über seine neue Arbeit zu reden. Konrad ist leider so ein Mensch, der sich sehr darin verlieren kann, über sich selbst zu reden. Vielleicht war das etwas gemein, aber ich hab es ihm bei unserem gemeinsamen Date auch gesagt, dass das vielleicht mein Thema ist, was in seiner Therapie angesprochen werden kann, wenn es passt. Oversharing und einfach nicht zum Punkt kommen. Ich meine: Ich bin die Person, die ganz einfach sagen kann: Jetzt komm mal zum Punkt, was willst du mir sagen? Aber es gibt sicherlich genauso viele Leute, die echt Probleme damit haben, da eine klare Grenze zu setzen und das ist sicherlich auch ne Baustelle, an der er arbeiten kann, Stichwort: Trauma Dumping.
„Was hältst du davon, wenn wir morgen Abend telefonieren? Meine beiden Zimmergenossinnen sind eh übers Wochenende zuhause, ich störe also niemanden.“
„Ich werde spät zu Hause sein, vor 21:00 Uhr schaffe ich das nicht. Reicht dir das? Glücklicherweise habe ich am Wochenende frei, d.h., ich habe auch alle Zeit der Welt. Hoffentlich magst du Essgeräusche?“
„Ich bitte sogar ausdrücklich um Essgeräusche! Darf ich mir was wünschen?“
Das war gar nicht als Witz gemeint, ich vermisse meine täglichen Mukbang Videos!
© Bettina Barth 2023-08-31