Königlicher Baumkuchen

Dagmar Lücke-Neumann

von Dagmar Lücke-Neumann

Story
Salzwedel, Sachsen-Anhalt, Deutschland 2024

Für Baumkuchen sind wir nach Salzwedel gefahren. Mit seinen Fachwerkhäusern und der prächtigen mittelalterlichen Architektur ist diese ehemalige Hansestadt einen Besuch wert. Durch kopfsteingepflasterte Gassen schlendernd gelangen wir zu Café Kruse mit seiner gläsernen Baumkuchen-Manufaktur.

Wie kam der Baumkuchen in dieser Stadt zu Ruhm und was ist das überhaupt für ein Gebäck? Das wird sich so mancher fragen, der sich darunter nicht gleich etwas vorstellen kann. Gleicht das Backwerk einem Baumstamm? Ja, das kann man durchaus sagen. Eine gewisse Ähnlichkeit gibt es. Kennengelernt hatte ich diese Süßigkeit erst durch die Familie meines Mannes. Bei ihr gehört Baumkuchen zum weihnachtlich süßen Teller genauso wie das Königsberger Marzipan.

Der Teig für den Baumkuchen wird auf lange inzwischen maschinell betriebene Walzen aufgetragen, die sich über offenem Feuer drehen. Bevor es losgeht, wird Papier auf der Walze festgebunden, auf das nach dem nötigen Erhitzen die Teigmasse aufgetragen wird. Durch Drehung über dem Feuer wird der Teig fest und erhält Schicht um Schicht. Das Äußere ist nicht glatt. Es entstehen Zacken, die an den Ansatz von Ästen erinnern. Am Ende des Backvorgangs mehrerer Schichten lässt man den Baumkuchen abkühlen und gießt den Zuckerguss darüber. Man spricht auch von Fondant. Ist dieser fest, streift man den sehr langen Kuchen ab und schneidet ihn in unterschiedlich große Teile. Dabei orientiert man sich an den Zacken. Bei diesem Schnitt kann man die feinen Ringe der Backschichten sehen und findet damit ein weiteres Merkmal des Baumkuchens. Das Papier von der Walze befindet sich in der Mitte des Kuchens. Da die Walze ein Loch hinterlässt, gibt das Papier diesem einzigartigen Gebäck seinen inneren Halt.

Das Rezept brachte einst der ehemalige Mitarbeiter eines Schwagers von Friedrich dem Großen nach Salzwedel. Er ließ sich dort nieder und begann mit der Tradition des Backens. Als der König 1841 Salzwedel besuchte, kredenzte man ihm ein Stück Baumkuchen. Dieser mundete ihm so sehr, dass immer zur Weihnachtszeit Baumkuchen nach Berlin geschickt wurde. Es folgten Bestellungen aus Wien und St. Petersburg. Das besondere Gebäck wurde zum königlichen Baumkuchen gekürt.

Wir kauften Baumkuchen in der Höhe zweier Zacken. Man könnte auch zweistöckig dazu sagen. Der Kuchen wird nach Gewicht verkauft. Außer mit Fondant kann man ihn auch mit einer Schokoladenglasur kaufen. Wir haben ihn probiert, sind aber zum Zuckerguss zurückgekommen. Der Baumkuchen schmeckt damit einfach ursprünglicher. Die Schokolade nimmt zu viel vom eigentlichen Geschmack.




© Dagmar Lücke-Neumann 2024-10-31

Genres
Essen & Trinken
Stimmung
Emotional, Informativ