Man hatte mich gewarnt: “Zwischen Wien und Lissabon gibt es nur eine grosse Problemstelle, Barcelona. Wenn du dort die falsche Ausfahrt erwischt, brauchst einen halben Tag, bis du wieder am richtigen Weg bist.” Aus diesem Grund hab ich fĂĽr diese Strecke das Steuer ĂĽbernommen. Sabine sass begeistert neben mir, Spanien war voller hĂĽbscher Männer und ihr war schon die ganze Strecke danach, heftigst zu flirten. Eine Zeitlang fand ich das ja lustig, aber an diesem Tag gings mir ordentlich auf die Nerven. Barcelona war riesig, die Autobahn ĂĽberfĂĽllt, eine Ausfahrt nach der anderen, – und da die eine, einzig richtige zu finden! -, und Sabine agierte neben mir wie eine läufige HĂĽndin.
Also ganz unschuldig war sie nicht daran, dass ich endlich auf einer falschen Ausfahrt landete. Eingekeilt von spanischen Kennzeichen, wissend, dass die Richtung nicht stimmte, – aber wie die richtige finden? Damals hatte ich natĂĽrlich noch kein Navi. Sabine war die Strassenkartenleserin, aber auf der Autobahn war das nicht nötig, und ausserdem war sie ja anderweitig beschäftigt.
“Könntest du bitte mal in der Karte nachschauen? Ich brauche einen Ort am Weg nach Valencia!”
Die Ausfahrt landete in einer Landstrasse. Links oder rechts? Sabine hatte die Karte aus dem Seitenfach geangelt, fand sich aber nicht zurecht, also bog ich mal rechts ab. Irgendwo würde schon der richtige Wegweiser stehen. Aber die Strasse mündete in einen enormen Kreisverkehr. 8spurig mit mindestens 10 Ausfahrten. Ich war völlig überfordert, so sehr, dass sogar Sabine mal Ruhe gab. Es ergab sich so, dass ich auf die innerste Spur kam, und dort drehte ich mal einige Runden. Sabine versuchte inzwischen, die Aufschriften der Wegweiser zu entziffern. Und dann warf ich mich tapfer ins Getümmel, nahm die erste Ausfahrt, die natürlich falsch war und kämpfte mich zurück in den Kreisverkehr. Eine Ausfahrt nach der anderen nahm ich, aber wir fanden keine brauchbaren Ortsbezeichnungen. Zwei Stunden waren schon vergangen, seit ich die falsche Ausfahrt genommen hatte. Ich war schweissgebadet (Klimaanlage hatte ich ja auch keine), und als Sabine ein äusserst dringendes Pinkelbedürfnis anmeldete, fuhr ich zu einer Tankstelle. War das eine Erleichterung, endlich raus aus dem Gefährt, das keinen Sensor für die Richtung nach Lissabon eingebaut hatte! Endlich eine kühle Limo und eine leere Blase.
Während Sabine verständnislos die Karte studierte, parkte ein Auto mit portugiesischem Kennzeichen neben uns, und schon war ich dort: “Faz favor!” Da wars mit meinem Portugiesisch schon zu Ende, aber das Pärchen sprach auch englisch, und , was für ein Glück, sie mussten nach Valencia und waren bereit, uns auf die richtige Autobahn zu lotsen.
Das war dann eine ganz einfache Angelegenheit, im Windschatten der Portugiesen durchpflĂĽgte ich den monströsen Kreisverkehr, nahm die richtige Ausfahrt, und dahin ging’s. Und Sabine zupfte schon wieder am T-shirt, und nun lachte ich erleichtert dazu…
© rebella-maria-biebel 2021-07-26