von Régine Guidi
Sie öffnete den Mund, um zu sprechen, doch es kam nichts heraus. In ihrem Inneren brach ein Sturm aus, der sich in eine Naturkatastrophe verwandeln sollte. Er kennt sie nicht, aber berührt sie, als würde sie ihm gehören. Seine fordernde Art machte ihr überraschenderweise keine Angst, doch sie konnte ihn nicht gewähren lassen – noch nicht. Sie zog sich zurück.Sie sagte etwas. Er verstand nicht. Er sagte etwas. Sie verstand nicht. Sie hatten die Grenze der Sprache erreicht. Dies war der Punkt, an dem innere Muster greifen – Gedanken, die das Unverstandene zu erklären versuchen. Beide Fraktionen gehen in den Selbstschutz. „Sie wollte mich nicht küssen, weil …“. „Er wird sich bestimmt nicht melden, weil …“. Die innere Abwehr wird herbeibestellt. Der Expertenrat der Generäle lautet: Rückzug! Im Namen des Selbstschutzes wird sich zurückgehalten – doch der Krieg ist von hier an unvermeidbar. Jeder Versuch, sich zu einigen, ist zwecklos.The triggers were pulled. Sie ist zu empfindlich, ängstlich. Er interpretiert ihre Art der Verteidigung, des Selbstschutzes, als Drama. Sie interpretiert seine Art der Verteidigung, des Selbstschutzes, als Desinteresse. Es könnte so schön sein. Und einfach. Sie könnten sich dem Geschenk der Verbundenheit hingeben und einander Territorien sicher erkunden. But the triggers were pulled. Jetzt wird geschossen. Es muss einfach sein. Wie kann man denn zulassen, dass jemand einem diese ungewollten Dinge spüren lässt? Wer will schon diesen emotionalen Stress? Die Verbindung muss vernichtet werden. Unerwartet, in der Dunkelheit der Nacht, gibt er ihr einen Schuss in den Magen. Ihre Empfindlichkeit sei zu viel. Und er – er sei zu heiß und zu jung, um sich damit herumzuschlagen. Sie seien nicht auf einer Wellenlinie. Und deswegen sei sie jetzt in seiner Schusslinie. Seine Generäle bereiten den Siegesmarsch vor. Sie glauben, er habe sich endlich von der fremden Inversion befreit und ihr den Todesstoß gegeben, bevor er noch mehr von dem spüren musste, was sie in ihm getriggert hat. Nur wissen sie nicht, dass sie durch hartes Training gelernt hatte, Trigger aller Art abzufangen und ihnen zu geben, was sie brauchten: Raum zu existieren, bis sie sich von allein auflösen. Er wusste auch nichts davon, dass sie eine Woche zuvor einen schlimmen Trigger Lebens aufgefangen und den Schmerz ertragen hatte. Sich ihren Generälen widersetzend, ließ sie die Tränen fließen, bis sich der emotionale Schmerz in ein Stechen in ihrem Magen verwandelte. Als der Schmerz am nächsten Morgen verschwand, wusste sie: Niemand konnte sie wirklich verletzen. Gleichzeitig verstand sie, warum die meisten Menschen lieber in Angriff und Verteidigung übergingen. Sie hatte sich oft selbst an dem Krieg beteiligt. Doch diesmal war sie schlauer. Der Trigger ließ ihr nämlich ein Abschiedsgeschenk da. Etwas so Starkes, dass noch keine Armee es bezwingen konnte. Ihre Vulnerabilität. Sie war voller Angst und Ungewissheit, denn sie hatte dieses Geschenk noch nie benutzt. Doch sie würde ihre Waffen fallen lassen und mit ihnen zu Boden gehen. Ohne zu wissen warum, ohne sich ganz sicher zu sein spürte sie: Er wird sie auffangen. Sie wird sich nicht mehr gegen sein Eindringen in ihr Territorium wehren. Sie hieß es sehr willkommen. Und zwischen zwei ehemaligen Fronten begannen aufregend-diplomatische Friedensverhandlungen. Sie hatten eine neue Sprache entdeckt.
© Régine Guidi 2025-07-07