Kroatische Gastfreundschaft

Günter Zimmel

von Günter Zimmel

Story

1987 landete ich- fragt mich einfach nicht nach dem WARUM- schon wieder in Kroatien. Und natürlich, weil ich es mir in meinem Leben immer einfach gemacht habe, saß ich dort ohne ein Geld. Ob ich auf der Straße lebte? Mitnichten. Ich residierte im Gasthaus „ Plantaza“ bei Ivan Ramic in Starigrad Paklenica. Ein schlichtes und wirklich nettes Anwesen. Ich kannte Ivan schon von vorigen Besuchen. Auch deswegen machte er sich nicht wirklich Gedanken darüber, dass ich kein Geld hatte. Er wusste das. ALLE wussten das.

Ich lernte dort Ivana kennen. Eine junge Frau, die bei Ivan arbeitete. Sie machte mir Avancen. Aber halt so durch die Blume. Mich direkt ansprechen traute sie sich nicht. Da ich das wusste, machte ich den ersten Schritt. Wir kamen zusammen und alles war grün. Sie sprach zwar kein Deutsch bzw. Englisch und ich kein Kroatisch, aber es funktionierte.

Nach ein paar Tagen deutete sie mir an, dass sie nach Sinj, nach Hause fährt. Und sie teilte mir mit, dass sie mich mitnehmen möchte. Na ja: Für einige Zeit weg von der Bleibe, in der jeder weiß, dass du mittellos bist? Ich stimmte also zu und fuhr mit. Was ich da erleben sollte …

Wir kamen also so gegen 23 Uhr nach einer stundenlangen Fahrt mit dem Bus in Sinj an. Für mich eine komplett fremde Welt. Aber mit „Cafebar“! DAS kannte ich noch nicht. Eigentlich ein Klub mit guter Musik und Preisen wie im Mittelalter. Klasse. Nach einem Bier gingen wir zu ihrem Elternhaus. Nachts um 1 Uhr 30. Ich war schon auf meine Tötung eingestellt, als sie an der Tür läutete. Die Tür öffnete und da stand der Vater, sprach kurz; und dann ging die Post ab. Im Kinderzimmer schliefen 4 Kinder. Die mussten alle sofort ihre Betten verlassen, um Platz für Ivana und mich zu schaffen. Beide Betten wurden frisch bezogen, weil die Mutter nicht wusste, in welchem Bett ICH schlafen würde. Ich bin auch heute noch, 34 Jahre danach total geplättet, wenn ich daran denke. Am nächsten Morgen der totale Ernstfall: Alle 4 Kinder wollten den Fremden sehen. Sie schlichen in- eigentlich IHR-Zimmer, um mich zu beobachten. Das bekam der Vater mit und es gab Ohrfeigen für alle! Was für eine Frechheit, den Gast zu wecken. Zu Mittag wurde ich gefragt, was ich trinken will. Bier war meine Antwort. Wie immer. Da aber kein Bier im Haus war, musste der kleine Sohn in die nächste Kneipe, um mir das Getränk zu besorgen. Und egal, was ich auch versuchte, ich konnte das nicht verhindern. Mittagessen. Der Tisch hat sich gebogen durch die Last des Gebotenen. Mir war natürlich klar, das ist eine arme Familie. Und sie tischten mir auf … Die Mutter hat angefangen, einen neuen Teller für mich herzurichten, da war ich immer noch mit dem Vorigen zugange. Dilemma. Bis ich STOP sagte. Dem Vater wurde sofort der Teller weggenommen, obwohl er noch aß. Ehrlich: Ich glaub das heute immer noch nicht, aber es war so.

Ich werde Ivanka nie wieder sehen. Und auch, wenn ich heute keinen Gedanken mehr an sie habe, dann wird auf jeden Fall Sinj für immer in meiner Erinnerung bleiben! Für immer …


© Günter Zimmel 2020-09-21