Kronprinz Rudolf und der Bettentransport

Gerda Modera

von Gerda Modera

Story

Frühherbst. Der erste Weg führt uns zum See. Glitzernd, “plattl-eben” und entspannt liegt er vor uns. Die Natur atmet auf, die Touristen sind ausgeatmet. Die Pflegesituation der Eltern hat sich inzwischen entspannt. Vater hat sich im Pflegeheim gut eingelebt und sich zu einem kommotn Zegga ( kärntnerisch: gemütlicher Geselle) entwickelt. Er fühlt sich auf seiner Station als Hahn im Korb (Zegga) und erntet viel Aufmerksamkeit durch sein erstaunliches Langzeit- und Namensgedächtnis. Diesmal soll im und ums Elternhaus einmal nicht gewerkelt werden. Mit meiner besten Freundin wollen wir Spätsommerfrischeln. Ein letztes Seeberühren, paar Cäsiumeierschwammerl suchen und Grantn (Preiselbeeren) klauben. Mutter bekommt tägliche Unterstützung von fleißigen Händen, hat endlich einmal Zeit zum Lesen und Rätseln. Ihr Blick geht wieder Richtung Zukunft. Die Maler sind schon für morgen bestellt, neue Vorhänge müssen unbedingt sein und vielleicht noch dies und das. Schnell noch was ausmessen, bevor wir drei ins neu eröffnete Möbelhaus starten. Ich spüre es. Heute ist ein guter Tag, wir werden ganz schnell was finden. Und so ist es. Neben vielen Kleinigkeiten kommt noch ein Boxspringbett auf die Rechnung. Die Transportkosten sparend, steige ich tags darauf in den ”Klein“-Bus, mit der riesigen apfelgrünen Werbeaufschrift, ohne Rückfahrkamera und Rückspiegel. Ich bin zuversichtlich, geht doch. Ich versuche nun, mit dem Bus rückwärts näher ans Haus heranzufahren, die enge Einfahrt ist gerade noch geschafft, aber da wehrt sich der Kronprinz -Rudolfapfelbaum. Die Bushöhe hab ich etwas unterschätzt. Ein Apfelregen der besten Apfelsorte für immer, prasselt zu Boden. Bus heil, Baum beleidigt.

Meine liebste Freundin hat inzwischen eine Leiter und eine Sackrodel organisiert. Zwei Teile sind geschafft, doch wer hilft bei der riesigen Matratze? Wir warten. Die Maler sollten doch schon längst da sein. Wir warten. Hilfe muss her. Niemand weit und breit zu sehen, außer unserer hochbetagten Nachbarin, die auf der Gassenbank vor ihrem Haus (seit ewigen Zeiten) sitzt und sitzt und sich über alles “informiert”. Sie sagt im Befehlston zu mir: “Sitz her do, was hobt’s denn do wieda gekaft“. Ich stammle: “Hab ka Zeit, i muss noch schnöl… Darauf sie:” Dos ist jo schauderlich, heitzutog hot jo kana a Zeit mehr,… außa mir.” Ich sitze auf Nadeln und beantworte brav ein paar Fragen. Es geht nichts über eine gute Nachbarschaft.

Meine Freundin war inzwischen erfolgreich. Sie hat sich einfach mitten auf die Straße gestellt und ein Auto aufgehalten. Es geht nichts über wahre Freundschaft. Ohne Schmäh: Zwei durchtrainierte fitnessgestählte Männer haben das Riesentrumm Boxspringbett geschnappt und mit links ins Haus getragen. Es geht nichts über Hilfsbereitschaft.

Und es geht nichts über Dankbarkeit. Mutter hat schon ein Sackerl “Kronprinz-Rudolfapferl” vorbereitet und die beiden Helferlein ziehen mit ihrer Beute stolz von dannen.

© Gerda Modera 2021-10-01

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