Kronprinzessin Rudolfine

Gerda Modera

von Gerda Modera

Story

Punkt 21Uhr21 startete gestern der Herbst in seine neue Saison. Und geradezu wie bestellt ziehen heute Morgen die ersten Nebelfetzen über die Donau, Richtung Westen. Ich öffne die Tür und atme mehrmals ganz tief die feuchte, kühle Luft ein und lasse jedesmal beim Ausatmen schweren Herzens ein Stück des Sommers (der kein richtiger war) los. Die vorüberziehenden Nebelschwaden suchen sich ihren Weg zwischen den Bäumen in der Au und nehmen meinen Blick und meine Gedanken mit. Zu einem meiner Sehnsuchtsorte, der sich im Engadin befindet. Nietzsche schrieb in Sils Maria das Gedicht: “Hier saß ich wartend, wartend, – doch auf Nichts / Jenseits von Gut und Böse, bald des Lichts”.

Sofort fällt mir dazu der wunderbare Spielfilm „Die Wolken von Sils Maria” ein, der mich heute noch bewegt. Ein vielschichtiges Psychodrama um zwei Frauen. Es geht um Macht, Verlangen, Vergangenheit und Gegenwart. Maria (Juliette Binoche) eine Frau mittleren Alters und am Höhepunkt ihrer Karriere angelangt, schaffte vor 20 Jahren ihren Durchbruch als Schauspielerin in dem Bühnenstück: “Die Malojaschlange”. Der Regisseur (Lars Edinger) fragt sie, ob sie nun in einer Adaptierung des Theaterstückes mitspielen möchte. Doch diesmal solle sie nicht die Rolle der jungen verführerischen Sigrid spielen, sondern die der älteren Helena, die von Sigrid in den Selbstmord getrieben wird. Gemeinsam mit ihrer persönlichen jungen Assistentin Valentin, (wunderbar gespielt von Kristen Stuart), zieht sie sich in die Einsamkeit der Schweizer Berge zurück um das Stück einzustudieren. Valentin spricht die Rolle der jungen Verführerin Sigrid, und Maria kann sich mit ihrer des alternden Opfers Helena nicht identifizieren. Sie hadert mit sich und gerät zusehends immer mehr in den Bann der jungen Val….

Die sogenannte “Malojaschlange” in der Schweiz ist ein seltenes meteorologisches Wetterphänomen, das nur morgens und im Herbst auftritt. Bei diesem Naturschauspiel schiebt sich eine riesige Wolkenschicht wie ein Lindwurm über den Malojapass, während über den Wolken die Sonne strahlen kann. Über dieses Wolkenschauspiel existiert ein Kurzfilm aus dem Jahre 1924.

Zurück zu 2021. Inzwischen eingepackt in eine Decke auf meinem Lieblingstuhl beobachte ich, wie sich der Nebel langsam verflüchtigt. Die ersten Sonnenstrahlen treffen auf unseren Kronprinz-Rudolf-Apfelbaum mit seinen vielen saftigen, süßen, rotbackigen Äpfeln, die schon gerne gepflückt werden wollen.

“Äpfel mit Wurzeln”, da vor vielen Jahren aus der Heimat als kleines Bäumchen importiert.

„Äpfel mit Tragik“ da der Namenspatron unserer Lieblingsapfelsorte (übrigens der einzige Sohn von Kaiserin Sisy und Franz Josef), “Doppelselbstmord” mit seiner Geliebten Mary Vetsera In Mayerling begangen hat.

Und “Äpfel mit Krönung”, da ich seit 2020 den Titel “Kronprinzessin- Rudolfine- Apfelmus” tragen darf. Feierlich verliehen von meiner Enkelin Nora.

© Gerda Modera 2021-10-01

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