von Fridolin
seine Familienmitglieder wie so oft darauf drängten, dass er sich gefälligst um seine Arbeit zu kümmern habe. “Außerdem, stimmt etwas nicht mit diesem Küken. Es passt nicht zu uns!”, warfen sie ihm immer wieder an den Kopf. Aber das kümmerte Pertl nur wenig. Er sorgte weiter für Kük, auch wenn es inzwischen schon fast doppelt so groß war wie er selbst. Immer öfter fand er sich am Morgen aus dem Nest gepurzelt wieder, weil Kük ihn wohl versehentlich aus dem gemeinsamen Schlaflager geschubst hatte.
Völlig unvorbereitet traf es deshalb Pertl, als Kük eines Tages seine Flügel weitete und in den Himmel empor stieg. Erst jetzt – so von Unten betrachtet – erkannte er, das Kük nicht einfach nur ein etwas zu groß geratenes Hühnchen, sondern ein majestätischer Adler war. Schreiend und pfeifend rannten die anderen Hasen auseinander, weil sie wussten, dass ein Adler große Gefahr für sie bedeutet. Wieder einmal hat sich bewahrheitet, was sie schon immer gewusst hatten: Pertl und dieses Küken bringen nichts als Unglück über die Osterhasenfamilie. Es sollte aber noch schlimmer kommen. Kaum hatte jeder Osterhase ein sicheres Versteck gefunden, begann es zu Stürmen und ein kräftiger Regen peitsche über die Wiesen. Weil es tagelang nicht aufhörte, kam schließlich eine Flut. Alles, was sie über Wochen und Monaten für das bevorstehende Osterfest vorbereitet hatten, drohte hinweggespült zu werden. Kein einziges Kind würde morgen am Ostertag sein Osterei bekommen. Etwas noch nie Dagewesenes. Auch die Ältesten unter den Osterhasen wussten keinen Rat.
Ihre Blicke waren betrübt zu Boden gesenkt, als sie in der abendlichen Dämmerung dicht an dicht beisammen kauerten. Da kam eine dunkle Wolke über sie. Womit sie alle nicht gerechnet hatten: Kük war mit seinen mächtigen Schwingen durch das Unwetter hindurch zu ihnen gekommen. Er hob einen nach dem anderen vorsichtig hoch und flog ihn an einen trockenen Ort. Alle 222 Osterhasen. Die ganze Nacht hindurch!
Nur einer fehlte noch. Mit aufgerissenen Augen sahen die übrigen Osterhasen, was nun geschah. Auf einem riesigen Korb voll mit Eiern sitzend kam Pertl unter den Schwingen von Kük angeflogen. Er hatte in stundenlanger Arbeit alle Eier aus den Vorratslagern geholt und dabei kein einziges zerbrochen. Es ging ein Murmeln und schließlich Jubeln durch die Reihen. Sie fassten wieder neuen Mut: “Vielleicht schaffen wir es ja doch noch, alle Kinder zu beschenken”, sagten sie zueinander. Denn der Ostermorgen war schon im Anbrechen. Da hopsten sie in alle Richtungen auseinander und brachten Ei um Ei, über Berg und Tal, in Stadt und Land zu den wartenden Kindern. Die letzten flog Kük schließlich selbst zu den Kindern jenseits des überfluteten Landes. Jedes Kind bekam sein Ei!
Weil die Osterhasen in ihrem Glück nun erkannten, dass sie Kük und Pertl Unrecht getan hatten, entschuldigte sich jeder Einzelne der 222 bei ihnen. Sie wussten: Ohne Kük und Pertl hätte es für die Kinder dieses Jahr kein Ostern gegeben.
© Fridolin 2021-02-25