Kukuck, Wo bin ich?

Susanne Fahrnberger

von Susanne Fahrnberger

Story

Am Sonntag war wieder einmal einer dieser besonderen Tage, an denen alle drei unserer Kinder zum Essen da waren. Wir saßen gemütlich um den Tisch und erzählten uns Geschichten. Natürlich musste ich von der Zeit erzählen, in der die Kinder noch so klein waren, dass sie sich nicht mehr daran erinnern können.

„Es war im Sommerschlussverkauf“, begann ich, und blickte unseren Sohn an, denn er war die Hauptfigur in dieser Erzählung. „Du warst keine zwei Jahre alt und äußerst lebhaft.“ Eigentlich traf das Wort lebhaft die Sache nicht einmal annähernd. Wenn ich zum Beispiel mit ihm zum Arzt ging, hatte er in der Zeit, wo der Arzt mir die Hand zur Begrüßung reichte, schon bei allen Lichtschaltern im Raum die Funktionskontrolle durchgeführt und den Papierkorb umgedreht. Ich erwischte ihn gerade noch rechtzeitig, bevor er den Verbandwagen auf Herz und Nieren prüfen konnte. „Bring mir die Mädels jederzeit, aber um den Kleinen kümmerst du dich lieber selbst“, hatte meine Mutter gesagt, und genau so gemeint. Also blieb uns nichts anderes übrig, als unseren Wirbelwind ins Möbelhaus mitzunehmen. Wir hatten nicht vor irgendetwas zu kaufen. Ich musste einfach mal raus, und schauen kostet ja bekanntlich nichts – zumindest meistens. Wir flanierten also mit dem anfangs im Kinderwagen schlafenden Kind recht entspannt durch die verschiedenen Abteilungen beim Leiner. Doch der Frieden hielt nicht lange. Kaum aufgewacht startete er das Spiel „Erwisch mich doch, bevor ich was kaputt mache“. „Bleib jetzt endlich hier!“, rief mein Mann, schließlich entnervt um einige Dezibel zu laut, sodass sich alle Umstehenden nach uns umdrehten. Das saß (vorerst), der Kleine hörte wirklich auf zu rennen. „Schau dir den süßen Schreibtisch an!“, rief ich entzückt und eilte begeistert auf das entdeckte Designerstück zu, mit meinem Mann dicht hinter mir. Gemeinsam malten wir uns aus, wo wir den Tisch (den wir eindeutig nicht kaufen würden, da er weit über unserem Budget lag, und den wir absolut nicht brauchten) platzieren könnten. Als ich mich dabei so ganz nebenbei nach unserem Sohn umsah, erschrak ich. „Siehst du ihn?“ „Wen?“ „Er ist weg!“, rief ich. Panik kroch in mir hoch. Ohne seine Antwort abzuwarten, lief ich los, um mein Kind zu suchen. Jetzt hatte auch er begriffen, was los war. Wie auf Kommando öffneten wir jeden Kasten, in dem er sich verstecken könnte. Um uns herum hoben sich fragend Augenbrauen. „Was treiben die da?“, ereiferte sich eine alte Dame lautstark und „was ist denn in die gefahren?“ „Kann ich ihnen helfen, möchten sie etwas Bestimmtes sehen?“, fragte ein Verkäufer vorsichtig und sichtlich irritiert von unserem Verhalten. Für Außenstehende mussten wir wie zwei Verrückte wirken. „Nein“, erwiderte ich brüsk. Mein Stresslevel war inzwischen auf 300. Mit brennenden Wangen steuerte ich den nächsten Schrank an. Unser Sohn wurde im Dunkeln stets ganz ruhig und reagierte nicht auf Rufen. Deshalb öffneten wir einfach alle Türen. Irgendwo musste er doch sein. Endlich, gerade als der Verkäufer Verstärkung anfordern wollte, um uns „Verrückte“ loszuwerden, entdeckten wir den kleinen Wicht in einem grünen Schlafzimmerschrank in der nächsten Abteilung. Laut protestierend strampelte er, als wir ihn herausholten. Ohne weitere Diskussion eilten wir zum Ausgang. Für heute hatten wir uns genug blamiert.

© Susanne Fahrnberger 2025-06-27

Genres
Humor& Satire
Stimmung
Emotional, Komisch, Unbeschwert, Funny
Hashtags