von HelgaSuppentopf
Dating und seine Regeln
Seit einigen Jahren bin ich aktiv im Dating-Dschungel unterwegs – sowohl in real life aber vor allem in der Online Alternative. Dating Apps haben ihre Vorteile für schüchterne und von Erfahrungen gebeutelte Menschen, wie mich. Man* kann vorab abklären wie der Mensch so tickt, welche politische Einstellung sie/er hat, welche Musik sie/er hört und so weiter. “It clears the air” – so to say.
Das bedeutet jedoch nicht, dass der Traumtyp sofort dabei ist. Online Dating ist Arbeit. Viel Arbeit und vor allem verwirrende Arbeit. Ich verstehe immer noch nicht wie die Regeln eigentlich funktionieren.
Es gibt z.B. die 3-Tage-nicht-melden-sonst-giltst-du-als-needy-Regel. Hot? Prinzipiell gibt es zum Thema “sich melden” und “kommunizieren” einige Protokollempfehlungen. Sorry for the judgment: aber ich finde das total doof und irritierend. Es hat mich soweit geprägt, dass ich nicht mehr weiß wie ich agieren soll – ich war immer ein sehr direkter Typ – nicht erlaubt?! Warten – nicht erlaubt?! Zu schnell schreiben – nicht erlaubt?!
Lasst und hier noch mehr Regeln erfinden! Warte, nicht erlaubt?!
Den Geschlechterstereotypen und ihren dazugehörigen oft erwarteten Verhaltensweisen stehe ich generell kritisch gegenüber. Gerne mache ich den ersten Schritt, sage einem Mann, dass er mir gefällt oder dass ich ihn gerne küssen würde.
Letzeres ist kürzlich passiert, nach einer langen Abstinenz und Selbst-Versprechen nur mehr “adäquate” Gegenüber zu treffen. Dieser Mann war gut. Wir spazierten, wir tanzten, wir diskutierten kritisch über Feminismus und Beziehungen. Wir trafen uns einige Male. Beim dritten Date lud er mich auf die Coach ein – Es wurde gekuschelt und Musik gehört – ganz entspannt. Irgendwann fragte ich ihn, ob ich ihn küssen dürfe – schließlich wolle ich nicht übergriffig sein und das nur mit Consent wollen. Er willigte ein.
Er schien es zu genießen – einige Stunden und ein weiteres Treffen nochmal.
Einige Treffen später besuchten wir das Museum, genossen die Kunst der 80er und bestellten uns anschließend Dinner. Und plötzlich die Frage “Küsst du immer so schnell?” – Hm? Woher kam denn das?
Es folgte eine lange verwirrende “Konversation” beziehungsweise Erklärung seinerseits, dass er es eigentlich sehr cool fand, dass ich – als Frau – diesen ersten Schritt tat. Andererseits bedeutete es ihm doch zu viel Commitment, es ging im zu schnell. Nachdem er einige Stunden und Dates in den Genuss der Kussannährung kam? Dann folgte noch eine lange Verteidungsrede seinerseits – Eh lieb!
Ok, was nehme ich mit?: Keine Emotionen zeigen, ghosten, geghostet werden (zumindest tat er das nicht), selbst Initiative ergreifen oder den Mann lassen?, keine Gefühle mehr haben (Begegnungen bedeuten etwas für mich!), immer weiter auf der Leiter? – next one! Den Wunsch nach Beziehung aufgeben und ins Universum schicken – ja, ja ich weiß schon, “es kommt sicher der Richtige!”
Rulez!
© HelgaSuppentopf 2022-01-06