Es war im Radio in einer Sendung, in der eine Therapie vorgestellt wurde, die L a c h – Yoga heißt. Sehr ernsthaft forderte eine Lach-Therapeutin, dass unser bisheriges Lachen von seinem Anlass gelöst werden müsse und endlich nicht mehr vom Witz abhängig sein dürfe, auf dass wir Menschen am leeren Lachen und seiner Resonanz im Bauch genesen. Nach der Technik eines indischen Gurus, der diese Technik sicher nicht für sein Volk, sondern für Europäer erfunden hat. Denn so dumm können Inder gar nicht sein, wird im Lach-Yoga gruppenweise auf Befehl und bis auf Widerruf gelacht. Hat man sich diese Technik erst einmal angeeignet, kann man sich auf Abruf in ein ausdauerndes Gelächter hineinlachen und das in jeder Situation und unabhängig von seiner eigenen Stimmung tun. Soweit so gut. Also endlich grundlos lachen können, endlich frei von Witz und Geist sein und über die gute Laune als eine moderne Errungenschaft verfügen, die unabhängig davon einsetzbar ist, ob Anlass zu guter Laune besteht oder nicht. Aber meine Gedanken dazu: Nicht um gute Laune geht es nach meiner Wahrnehmung beim echten Lachen, bei dieser herrlichen Äußerung menschlicher Freiheit, die oft gerade den Defiziten, Enttäuschungen, ja auch Gefahren der Menschen und ihrer Einsicht ins Unvermeidliche gilt; dem Unvermeidlichen immerhin sein großes Gelächter oder seinem abgründigen Witz entgegenzusetzen ist ein grandioser Akt, mit dem sich der Mensch über Miseren zu erheben weiß.
Daher oder gerade deswegen ist mir dieses freie, widerspenstige Lachen der Lehrerin des Lach-Yoga auch besonders verdächtig. Handelt es sich dabei doch, wie sie ergriffen von ihrer eigenen moralischen Integrität ausführt, um ein aggressives, weil auf menschliche Schwächen bezogenes Lachen. Ganz anders dagegen ihr geistfreies Gelächter, ein Anfall von vegetativer Fröhlichkeit bei geistigem Totalausfall könnte ich denken und daher für mich eine Herabstufung des Menschen auf die Lachmaschine, die unverdrossen so vor sich hingackert.
Neulich erzählte mir ein Bekannter, der ebenso diese Lach-Sendung gehört hatte: Seine Frau sitzt ihm beim Frühstück gegenüber und lacht, je wütender er über das humorlose Gefasel im Radio wird, umso herzlicher lacht sie über ihn, der längst wütend geworden ist. Das ärgerte wiederum ihn und da er weiß, was er sagen muss, damit ihr das Lachen vergeht, (weil auch schon in vielen Ehejahren erprobt), sagt er es auch: therapeutischer Lachfaschismus, und meinte es natürlich sehr hinterhältig, und das endlich findet sie nicht mehr zum Lachen.
© Hermann Exenberger 2024-06-05