von Martina Huemer
Es war sehr kalt, nachts am zugefrorenen See im nördlichen Norwegen. So hatte ich die Idee, Holz für ein Lagerfeuer am Abend zu besorgen.
Was bei uns in Österreich sogar in Supermärkten möglich ist, war hier in Tromsö nicht so einfach. Ich fuhr mit einem Bus in ein Shopping Center in der Nähe des Flughafens. Meine Suche nach Holz startete ich in einem Supermarkt und war nicht erfolgreich. Ich versuchte mein Glück in einem Outdoor-Laden und fand tatsächlich einige Holzscheite. Da es sich um Ausstellungsstücke handelte, waren diese nicht verkäuflich. Immerhin kaufte ich 2 große Wachsschalen mit Docht, so würde ich wenigstens abends ein wenig Licht mitbringen können. Als ich bereits aufgeben wollte, fand ich tatsächlich ein Geschäft, in dem es im Kassenbereich Holzstücke in einem Netz zu kaufen gab. Ich fand auch noch Fackeln, die ich ebenfalls in besorgte.
Ausgerüstet mit Brennmaterial und einem Teig für ein Stockbrot machte ich mich auf dem Weg zum See. Es waren bereits einige junge Studenten angekommen, die sich ebenfalls auf die Suche nach Auroras machten. Ganz in der Nähe des Beobachtungsplatzes gab es eine Feuerschale. Ich schnitt mit dem Messer einzelne Spreißeln, also kleine Holzsplitter ab und stapelte die langen Späne zu einer Pyramide und zündete das trockene Holz an. Es dauerte nicht lange und ein wärmendes Feuer fing an, den Platz am See ein wenig zu erhellen. Es kamen immer mehr junge Menschen, um sich die Hände und den Rücken zu wärmen.
Wir sprachen über die Aurora-Sichtungen und woher sie denn anreisten. Ich schnitzte einige Stöcke zurecht und wickelte Germteig-Schlangen um den Holzstock, um das Brot über dem Feuer zu backen. Ein feiner Duft stieg in die Nase, und so mancher Besucher wollte sich auch ein Stockbrot machen. Es war sehr stark bewölkt, und wir waren uns nicht sicher, ob es zu Aurora-Sichtungen kommen würde.
Plötzlich machte die Wolkendecke auf und nach kurzer Zeit tanzten Polarlichter über den See. Für mich war es eine Zugabe zu den Sichtungen vom Abend davor. Wir erfreuten uns gemeinsam am grünen Licht, das aus dem Universum auf die Erde strömte, tanzend und voller spielerischer Leichtigkeit. Oder war es umgekehrt, tanzte das Licht der Erde in den Himmel hinauf?
Nach 3 Stunden war es für mich Zeit, den Weg nach Hause anzutreten. Ich übergab die Verantwortung für das Feuer an Luis aus Mexiko. Mit einer brennenden Fackel in der Hand verabschiedete ich mich von den Leuten am Polarlicht-See. Das tanzende Licht der Fackel leuchtete mir den Weg bis zu meiner Unterkunft.
Am darauf folgenden Tag reiste ich ab. Am Flughafen sprachen mich einige Leute an, die mich als die Feuerfrau vom See erkannten. Es entstanden so wunderschöne Bekanntschaften, die Suche nach dem Licht hat uns zueinander geführt.
© Martina Huemer 2023-01-23