Wollt ihr nicht schon am Freitag zu uns kommen? Wir möchten euch gern zu einem kleinen Musikfestival mitnehmen. Meint ihr, dass es euch Freude bereiten würde, fragte unser Freund am Telefon. Immerhin habt ihr in der Stadt ein so großes Angebot, dass ihr dafür nicht aufs Land fahren müsst. Ich widersprach vehement. Wie oft hatten wir gerade auf dem Land eine viel intimere Atmosphäre erlebt als ein Konzertsaal in der Stadt uns dies vermitteln konnte.
Unsere Freunde wohnen im Braunschweiger Land. Wer mit der Bahn aus Hamburg anreist, fährt mit der schnellsten Verbindung nach Hannover und von dort weiter mit der Regionalbahn. Wir waren in Wolfsburg verabredet. Unsere gemeinsame Zeit begann mit dem Gartenfest auf einem nahen Rittergut. Wir schlenderten durch die herrliche Parklandschaft, probierten hier und da regionale Köstlichkeiten, kauften Tulpenzwiebeln von herzigen Niederländern und stärkten uns schließlich, bevor es zu viert mit dem Auto zum Haus unserer Freunde ging.
Am Abend erwartete uns ein zwölfköpfiges Blechbläser-Ensemble in einer Konzertscheune. Die jungen Orchester-Musiker hatten sich bereits während ihres Studiums zusammengefunden, um ab und zu mit ihren Instrumenten in den Vordergrund zu treten. In einem Orchester spielen sie je nach Musikstück oft eine untergeordnete Rolle. Während sie dort auf ihren Einsatz warten können sie in ihrer Formation gleich loslegen. Ich zählte vier Trompeten, drei Hörner, eine Tuba und vier Posaunen. Die ersten Stücke sagten mir nichts. Noch beim Hören fragte ich mich wie viele Kompositionen es für Blasinstrumente wohl gäbe. In der Pause bekam ich Antworten darauf.
Mit mundgerecht geschnittener Currywurst und pikanter Sauce in einer kleinen Schüssel, die nach einem festen Stand verlangte, strebte ich einen Stehtisch an. Mein Mann folgte mir. Wir kamen mit einem Herrn ins Gespräch, der sich mit besagter Musik und deren Kompositionen gut auskannte. So erfuhren wir, dass es inzwischen immer mehr Musikstücke für Blechblasinstrumente gibt. Als die jungen Leute nach der Pause Gershwin’s Rhapsody in Blue spielten, fühlte ich mich abgeholt. Das war ein Stück, das ich kannte. Es half mir dabei, mich zu öffnen und alles Weitere auf mich einwirken zu lassen. Als wir später im Haus der Freunde bei einem Glas Wein das Konzert Revue passieren ließen war der Abend perfekt. Unsere Landpartie hatte einen guten Anfang genommen.
© Dagmar Lücke-Neumann 2024-09-04