von Rene_Stresemann
“Vielleicht ein bisschen langsamer, kommst du auch ans Ziel.“ Als ich heute Morgen meditiert habe – es war eine geführte Meditation – ging mir dieser Satz durch Mark und Bein. Er kam in besagter Meditation vor, in der es um Stress und Rastlosigkeit ging. Noch nie war es mir so bewusst: Genau das ist jenes Setting, welches meiner Kreativität, dieser genialen Ader, die ich in mir spüre, den unabdingbar notwendigen Vorschub leistet. Wann war ich denn zeitlebens immer genial? Wann hatte ich diese Momente? Genau: wenn ich bei mir war. Wenn ich langsam machte und Zeit hatte, die Dinge für mich zu sortieren, zu reflektieren. Wenn ich diese Ruhe in mir etablieren konnte. Ich spürte das bereits eh und je. Nur trat es mir nie ins Bewusstsein, schwebte stets auf einer der darunterliegenden Ebenen umher und wagte sich nicht ans Tageslicht.
Ach, denke ich, wie einfach kann es denn sein. Wenn man es sich nicht selbst gar so schwer macht. Mein Großvater pflegte stets zu sagen: “Bua, ois is oafoch, wenn mas net doppelt nimmt!“. Ich hab damals gelacht. Natürlich, war ich doch ein Kind. Das Gewicht deiner Worte war mir dereinst noch nicht gewahr. Opa, du warst ein kluger Mann. So viele kluge Dinge sagtest du, die ich einst noch nicht verstehen konnte und die mir erst nach und nach ins Verständnis dringen. Immer facettenreicher kann ich den Inhalt von Gert Steinbäckers STS-Hit “Großvater” nachempfinden. Immer öfter wünsche auch ich mir, dass du “owakummst auf an schnölln Kaffee”. Aber so plaudern wir eben so. Manchmal antwortest du mir mit deinen weisen Worten. Und ich komme mir oftmals wie ein Trottel vor, weil ich sie nicht deuten kann. Dann müssen wir beide lachen. Wie damals, als du noch in deinem physischen Körper zugegen warst. Und dann hast du immer gesagt: “Die Zeit is‘ dei Freund, Bua. Sei a du ihrer. Dann kommt da ois, wie’s da guad tuat.”
Ja, so warst du. Und so bist du. Auch deine Kraft war das Langsam. Wann erkanntest du es? Hat es auch dir jemand gesagt? Hattest auch du einen Mentor, der weit über seinen Tod hinaus dein Ratgeber war? Wir haben nie darüber gesprochen, vielleicht erzählst du es mir irgendwann. Heute haben wir wieder geplaudert und du hast mich wieder so Schönes gelehrt. Und da ist es wieder, dieses Langsam. Kommt mir wieder in den Sinn, erneut in Form eines Songtitels: “Langsam woch’s ma zamm”. Immer mehr verschmelzen unsere Gedanken und Lebenseinstellungen. Ich bin dankbar für unsere gemeinsame Reise. Sie geht stetig voran, bringt mich beständig weiter. Und dabei ist sie vor allem eines: langsam. In der Ruhe liegt die Kraft – oder eben im Langsam.
© Rene_Stresemann 2022-04-13