„Spantsch“

Beate García

von Beate García

Story

Luisi Oma war im 82. Lebensjahr, als ihr Entschluss feststand. „Ich fliege! Zu dir! Nach Spanien!“ Wir telefonierten zwar regelmäßig, doch das war ihr zu wenig. „Beim Arzt war ich auch schon – der Spinnerte wollt´, dass ich eine Flugtauglichkeitsuntersuchung mache. Ich bin ja noch nie geflogen, aber was soll in dem Blechvogel schon passieren?“, empörte sie sich. „Ja und was meint er?“, frage ich. „Na, pumperlgsund bin ich. Deine Mama kann unsere Flugkarten schon einmal kaufen gehen!“

Drei Wochen später landeten meine Mutter und Oma in Madrid-Barajas. „Meine neuen Hüften haben gepiept!!“ Oma war völlig außer sich. „DAS hätt‘ er mir sagen können, der Doktor, dass die Metallhüften zum Pfeifen anfangen! Fast hätten´s mich bei der Sicherheitskontrolle behalten.“

Vor gut einem Jahr war ich der Liebe wegen auf die iberische Halbinsel gesiedelt. Grund genug für Oma meine neue Residenz inspizieren zu wollen. Priorität Nummer eins: das Essen „Hom die Spanier e was Gescheits?“, Nummer zwei: die Mode (verständlich, Oma war Schneiderin und legte sehr viel Wert auf ordentliche Kleidung), Nummer drei die spanische Familie „Mei Mäderl bleibt nur do, wenn des anständige Leut san!“

Abuela Araceli, Oma meines Liebsten war genauso neugierig auf meine Familie – und so führte uns ein Kurztrip übers Wochenende nach Ribatajada. Ein kleines Kaff in den Bergen nahe Cuenca.

Neugierige Zaungäste, die von Araceli über den österreichischen Besuch im vorab informiert wurden, spähten aus Fenstern, über Gartenzäune, saßen am kleinen gepflasterten Dorfplatz und vor den Steinhäusern …

„Hola, soy Araceli!“, stellte sie sich vor und umarmte und küßte uns alle überschwänglich. „Servas, i bin die Luisi!“, reichte meine Oma ihr die Hand zum Gruße.

„Ich hab schon Tortilla und Albondigas (Fleischbällchen) gekocht – meine Spezialitäten für euch. Morgen gibt´s frische Meeresfrüchte Paella!“, übersetzte ich. Luisi Oma war zufrieden – sie liebte und lobte das Essen. „Des schmeckt ma.“, nickte sie Araceli anerkennend zu. „Willst du das Rezept?“, fragte die auf Spanisch. „Jo gern, bitte.“, antwortete meine. Und, was dann passierte, war mehr als beeindruckend zu beobachten. Die zwei Omas unterhielten sich mit Händen und Füßen, mit einem Mischmasch aus Deutsch und Spanisch – „Omasches Spantsch“ – das perfekt zu funktionieren schien.

In dieser eigentümlichen Sprache amüsierten sie sich während des Wochenendes blendend. Araceli zeigte stolz ihre Strick-, Häkel- und Stickarbeiten. Luisi begeistert, zeichnete kreative Stickmuster ab. Gemeinsam standen sie am Herd, experimentierten bei der Paella und Luisi buk Guglhupf als Nachspeise. Bei der Sonntagsmesse trug Araceli ihr bestes Stück, das Oma Luisi modisch so überzeugte, dass sie sich die Adresse des Ladens in Cuenca von abuela Araceli geben ließ.

Ein interfamiliär absolut erfolgreiches Wochenende – alle Zweifel waren ausgeräumt und mein Aufenthalt in Spanien von Oma offiziell abgesegnet!

© Beate García 2020-08-27

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