Lawinenairbags – die trügerische Sicherheit

LucianX

von LucianX

Story

Immer öfter taucht er auf der Piste und in der Gondel auf – das ultimative Utensil für sicheres Freeriden im Pulverschnee und Backcountry – der Lawinenairbag. Laut Herstellern die beste Möglichkeit, eine Lawine zu überleben, doch stimmt das wirklich?

Ein Lawinenairbag ist ein Rucksack zur Steigerung der Überlebensquote in einer schon ausgelösten Lawine. Die Funktion ist einfach. Während ein Airbag im Falle eines Unfalls sich sekundenschnell aufbläst, um den Schockstoß des Aufpralls mittels Luftkissen zu mindern, handelt es sich bei einem Lawinenairbag eher um eine Art Boje. Sie hält den Wintersportler in einer Lawine oben, verhindert tiefe Verschüttungen und kann in Folge die Überlebenswahrscheinlichkeit signifikant steigern. Glaubt man dem Marktführer ABS, liegt diese bei über 85 %. Scheinbar ist es ein Muss, diesen zu besitzen. Aber kann ein Airbag wirklich das Risiko minimieren?

Die Produzenten werben damit, wie leicht es ist, den Wintersportler mit einem Airbag in der Lawine oben zu halten. Dieses Thema ist jedoch viel komplexer, als es der Laie vermuten würde. Der Zeitpunkt des Auslösens ist entscheidend. Befindet man sich beim Lawinenabgang unterhalb im Hang, muss man eine weitreichende Entscheidung treffen, die man ohne Airbag nicht treffen müsste: ziehen oder nicht ziehen. Ohne Airbag gibt es nur eine einzige Rettung: Um sein Leben fahren. Mit Airbag endet man im Dilemma, dass ein Skifahrer mit ausgelöstem Airbag aufgrund des großen Luftwiderstands nicht mehr flüchten kann und über alle Felsen, Steine, Bäume oder Sträucher mitgerissen wird.Folglich bleibt der Skifahrer zwar oben, wird aber durch das kantige Terrain womöglich schwer bis tödlich verletzt.

Mit der bewussten Entscheidung, den Airbag nicht auszulösen, bleibt die sicherste Variante im Spiel: davonfahren und aus dem Schussfeld nach links oder rechts zu queren. Dazu muss genügend Auslauf, sowie Vorlaufzeit existieren. Die Fluchtvariante ist also die beste Option, eine Lawine zu überleben. Jede andere Strategie endet in der Lawine. Es ist übrigens nahezu unmöglich ist, den Lawinenairbagauslöser noch zu ziehen, wenn man sich bereits in einer Lawine befindet. Einmal gestürzt bleibt der Auslöser unerreichbar. Dazu kommt der soziale Druck. Wenn in einer Gruppe nur einer den Airbag trägt, kann ich garantieren, dass dieser zuerst in den frischen Hang hineinfahren muss.

Fazit: Das Tragen eines Lawinenairbags ist in ⅔ der Fälle kontraproduktiv und nur in baumfreien Runs sinnvoll. Keinesfalls jedoch im typischen Backcountry von Österreich, das durch Wald und Fels führt. Somit überwiegen die Nachteile. Ganz anders ist es für Tourenskigeher, Schneeschuhwanderer oder Bergsteiger. Für diese Gruppe ist das Tragen eines Lawinenairbags völlig anders einzuschätzen und eher vorteilhaft.

© LucianX 2021-02-22

Hashtags