Leben oder spielen? -Neustart

MissReveuse

von MissReveuse

Story

Wie selten Leute von sich aus wirklich genauer nachfragen, kann erschreckend sein. Wer kennt’s nicht? Routinierte Wiederholungen von: „Wie geht’s dir, läuft’s eh? -Aha ja, ja, bei mir auch…“ der smalltalk-Klassiker sagt eigentlich eh alles. Und nichts.

Im Nachhinein viele Leute die man oft sah. Doch kaum einer war einem tatsächlich nah. Ich bin mir in dieser Zeit vor allem selbst fremd geworden! Die Fremde im Spiegel interessiert mich schon. Aber ich hab irgendwo aufgehört sie verstehen zu wollen. Bin ich das überhaupt noch? Eine Mischung aus Faszination, Wundern und Angst überfällt mich. Wer ist diese Dürre, mit den groß-flackernden Augen, die mich fixieren und mein Unwohlsein noch verstärken?

Je länger ich hinsehe, desto unschärfer werden die Konturen. Fast sieht es so aus als könnte sich mein Spiegelbild jederzeit von mir lösen, selbstständig machen. Nein, Halt, das ist zu viel! Haltet bitte die Zeit an. Haltet die Welt an, nur diesen einen kleinen Moment, bitte! Ich brauche den ultimativen Beweis, dass nicht ich es bin die am Rad dreht.

Alle sehen sie mich an. Mit ihren Augen, ihrem Kummer & Leben – ihren Seelen. DAS IST ZU VIEL! Ich sehe alle Sorgen, spüre die Worte, die sie flüsternd über mich hinweg austauschen. Warum sehen sie hindurch? Rücken immer weiter weg? Oder mach ich das?

Lächeln! Einfach drüber legen! Ich sag besser nichts mehr. Doch sie lassen sich nicht abbringen, nicht täuschen. Ich bin nicht mehr dieselbe – sie erkennen das nur nicht. Erkennen mich nicht mehr. Die Fragezeichen, das unausgesprochen-Unverstandene – unterstreichen meine Ausweglosigkeit bloß.

Wohin nur mit mir? Wer könnte mich jetzt noch richtig ansehen, mich unparteiisch annehmen? Dort muss ich hin! Laufend, flüchtend, bloß eiligst hin. Weg. Nur weg von hier. Weg von allem Bekannten. Alles reißt an mir – es tut mir so leid – ehrlich! Ich kann nur jetzt absolut nicht mehr anders! Alle anderen Wege und Möglichkeiten hab ich mir vorher zu achtlos selbst weggesprengt.

Ich bin dünn geworden. Innen wie außen. Eine Haut, dünn wie Papier. Vor allem Worte vertrag ich nicht mehr. Jeder zusätzliche Eindruck tut weh. Will nur noch die Augen verschließen. Weglaufen. Nichts hören – weg, weg, weg! Ich MUSS! Mich weg-fühlen… Kann man das?

Manchmal dacht ich mein Pensum an gesellschaftlicher Leichtigkeit, an vorgetäuschter Perfektion, an ‚is-eh-alles-top‘, doch viel zu früh schon verzockt zu haben. Ging allzu zielsicher anfangs schon All-in. Jetzt ist kein Chip mehr übrig. Also wie weiter? Ich könnte an den Tischen sitzen bleiben. Auf einen Sponsor hoffen. Auf einen kleinen mir zugedachten Einsatz warten. Mich mit dem wieder hochkämpfen, zurückarbeiten. Ginge… Aber nein danke! Die Niederlage hat mich derart erschüttert, dass ich am Absatz noch kehrtmache. Man soll mich in diesem Casino nie mehr sehen.

Gambling’s for others. You’ll find me out there in the woods, in the seas. Somewhere in the landscape. You’ll find me there where I am. Free. To be me.

© MissReveuse 2021-05-20

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