von Micaela Hemesath
gab es etliche. Ich geb’s ja zu, dass ich gerne abenteuerlich unterwegs war. Es war auch die Zeit, in die ich hineingeboren wurde. Deutschland erwachte aus der Schockstarre des Krieges. Man wollte leben, geniessen mit allen Sinnen. Meine Eltern bauten das Wirtschaftswunder mit auf. Ich bekam statt Liebe und Aufmerksamkeit, ein Dienstmädchen und immer die neuesten Kleider. Man kann ihnen nicht böse sein den Elternteilen. Sie mussten selber mit den schlimmen Dingen fertig werden und: wie bin ich Eltern? haben wir doch alle nicht gelernt. Meine ab dem 6. Lebensjahr alleinerziehende Mutter war mit ihrem Geschäft sehr gefordert und so war eben das Dienstmädchen meine Ersatzmutter. Spannenderweise kam dann >Flower Power<, die freie Liebe, die Pille. Ja! WIR waren es, die alles austesteten und vorgelebt haben. Bis zum Jahre 1974 musste eine verheiratete Frau noch das Einverständnis ihres Ehemannes haben, um arbeiten zu gehen?! Wie gut, dass ich erst 1974 erstmalig geheiratet habe! :-))
Das Leben hat mir etliche Ehemänner und die sogenannten ›Lebensabschnittspartner‹ zugespült. Es waren immer spannende Erlebnisse; auf manche hätte man auch verzichten können. Aber: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt! Deshalb habe ich auch mit weit Ü 6o meinen damals noch nie geflogenen, nicht Englisch sprechenden und auch sonst etwas umständlichen, aber dafür sehr liebenwerten Freund, nach Florida zu meiner kleinen Familie mitgenommen. Mein Schwiegersohn ist nicht Deutsch sprechender Amerikaner, man kann sich den Übersetzerstress von mir vorstellen. Aber H. war lernwillig und verstand sich hervorragend mit meiner damals 5Jährigen Enkeltochter. Mit Engelsgeduld lernten sie zusammen Schreiben und meine Tochter und ich konnten ihn nur bewundern.
Eines Morgens fassten wir den Entschluss, mit unserem Mietauto,mich als Chauffeur, Tochter, Enkerl, nach Palm Beach zur Atlantikküste zu fahren, damit mein Stubenhocker Freund die Super-Villen, der Super Reichen kennenlernt. Teilweise sind es dort die Zweit und Dritthäuser. Von Trump war noch lange nicht die Rede, aber er ist auch dort angesiedelt. Die Fahrt führt uns durch das Innere der Insel, vorbei am Lake Okeechobee. Es gehen einem buchstäblich die Augen über, bei den Riesenhäusern mit prachtvollen Gärten oder endlose Einfahrten, und nirgends ein Haus in Sicht.
Jetzt fing es zu regnen an. Nein! Es kübelte aus Schleusen. In den Subtropen ergiessen sich solche unglaublichen Wassermassen, dass Scheibenwischer nur noch Statisten sind. Nett! Mit diesem Handicap musste ich den weiten Weg wieder zurückfahren. Es war still im Auto. Wir waren fast zu Hause als die Straße überschwemmt war. Alles stand. Nicht ich!. Mit 2 Rädern und Schräglage befuhr ich die Inseln in der Straßenmitte, sodass die Reifen greifen konnten. Artistisch, gefährlich, aber rettend! We made it! Vorbei an offenen Mündern und Feiglingen!
Der Belohnungsdrink schmeckte vorzüglich!
Foto:C.Onojeghuo, unsplash
© Micaela Hemesath 2021-03-19