von Evelyn Weyhe
Die Hitze greift nach mir, quetscht mich aus wie eine Zitrone, lähmt mich, lässt mich auf den nächsten schattigen Platz niedersinken. Wie ich sie liebe, diese heißen Sommertage, mit der Vorfreude auf die kühle Nacht, vorzugsweise bei Vollmond und mit einem Glas Wein.
Ich schaue in die Runde und bin dankbar. Die scharf umrissenen Konturen der grünen Berge, dahinter ein tiefblauer Himmel, das türkisfarbene Wasser des Schwimmbeckens vor dieser Kulisse. Ein Kleid in diesen Farben möchte ich besitzen, um mich im Winter an dieses Sommergefühl erinnern zu können. Eine leichte Brise weht, die Vorhänge des kleinen Ferienhauses wehen hinaus, als wollten sie davonfliegen.
Seit über zwanzig Jahren lebe ich jetzt in Andalusien und bin das erste Mal wie ein Tourist unterwegs. Ich schlafe viel, genieße die Ruhe, schreibe, lese, gehe in der morgendlichen Kühle mit den Hunden spazieren. Ich muss nicht reden, ich kann essen, wann und was ich will. Ich lasse mich treiben von meinen Wünschen.
Ich stehe vor einem neuen Lebensabschnitt.
Das gemietete Haus, in dem ich lebte, wurde verkauft. Mein gesamter Hausrat liegt auf Lager. Es sind trotz Aussortierens immer noch viele Dinge, die mir aus meiner Afrikazeit gefolgt sind, die ich nicht hergeben möchte. Bilder, Teppiche, Möbel warten auf ein neues Zuhause. Nicht leicht zu finden. Ich verschiebe die Suche auf die Zeit nach dem Sommer und hoffe auf ein Wunder. Zur Not bleibt mir noch mein altes Wohnmobil. Es wartet auf seinen Einsatz und wird mich brav und zuverlässig an mein Ziel bringen – wo immer das dann sein mag.
Die Situation bringt mich dazu darüber nachzudenken, ob ich mich nicht radikal verkleinern sollte. Wozu diese unzähligen Gegenstände, sind sie nicht nur Ballast? Meine Kinder würden sicherlich das eine oder andere haben wollen, aber es fehlt ihnen der Platz. Dann stelle ich mir vor, ich würde nur noch in meinem fahrbaren Zuhause leben, minimiert auf das Allernotwendigste. Schnell kommt mir ein „Nein“ in den Kopf. Vielleicht in meinem nächsten Leben, aber in diesem freue ich mich schon jetzt auf mein noch unbekanntes neues Heim. In Gedanken richte ich es schon ein, das Sofa hier, das Bücherregal dort, die silberne Lampe auf dem kleinen Tisch daneben.
Vielleicht werde ich einen Garten haben. Ich sehe ihn schon vor mir, die Palmen und blühenden Büsche, den grünen Rasen, die Kakteen und den Kiesweg der zum Haus führt. Auch hier das türkisfarbene Wasser des Schwimmbeckens. Eine gemütliche Küche mit einladendem Essplatz, das Schlafzimmer wieder in warmen Tönen gestrichen. Das Wohnzimmer mit all den schönen Sammlerstücken, vielleicht passt das afrikanische Sofabett in eine Ecke?
So verliere ich mich in Gedanken und träume von der kommenden Regenzeit, wie ich dann gemütlich am Kamin sitze und mich an meinen Dingen erfreue, die mich schon einen großen Teil meines Lebens begleiten.
© Evelyn Weyhe 2020-08-05