von Barbara Prinz
Meine Erinnerungen an meine Schulzeit sind vielfĂ€ltig und bunt. Deshalb erlebe ich unterschiedlichste GefĂŒhle, wenn ich an diese Jahre zurĂŒck blicke. Aber lasst mich ein bisschen davon erzĂ€hlen:
Von der Volksschule an besuchte ich sehr gerne den Unterricht. Schreiben liebte ich, vor allem die „Zierzeile“. Zeichnen war mein absolutes Lieblingsfach. Ich hatte annehmbare Noten, aber durch meine Schwerhörigkeit war die Schulzeit fĂŒr mich als Kind nicht immer so lustig, wie ich es mir gewĂŒnscht hĂ€tte: Es eröffneten sich mir zwei Möglichkeiten. Entweder trug ich ein HörgerĂ€t, welches damals noch nicht so „klein“ war wie heute (und das wollte ich um jeden Preis vermeiden, ich wollte nicht ausgelacht werden), oder ich setzte mich immer in die erste Reihe, möglichst nahe zum Lehrertisch und zur Schultafel.
NatĂŒrlich entschied ich mich fĂŒr die zweite Variante: ich saĂ somit fast stĂ€ndig in den vordersten Reihen. Fotos vom ersten Schultag bestĂ€tigen dies. SpĂ€ter im Gymnasium hatte ich das seltene GlĂŒck, dass ich dieselbe Schule besuchte, an der auch mein Vater Latein und Geschichte unterrichtete. Nicht zu vergessen zu erwĂ€hnen, ich war ein Papa-Kind. Ihm schenkte ich volle Bewunderung. Es war ein schönes GefĂŒhl fĂŒr mich, ihm bei der Pausenaufsicht zu begegnen. Meistens flĂŒsterte ich ihm etwas zu, was mir gerade so in den Sinn kam oder mich beschĂ€figte. Wenn ich etwas vergessen hatte, konnte ich mir von ihm schnell eine Entschuldigung schreiben lassen.
Die Tage, als er in „meiner“ Klasse supplieren durfte, mochte ich sehr. Meinen Vater nicht nur zu Hause im Kreise unserer Familie, sondern auch als Lehrer zu erleben, das war fĂŒr mich etwas Besonders. Mein Papa war bekannt und beliebt. Die Burschen und MĂ€dchen hingen an seinen Lippen, ich auch. Er erzĂ€hlte meistens spannende Geschichte aus der Römerzeit. Oder wir hörten eines seiner selbst erfundenen Hörspiele. Manchmal erfand er zur Abwechslung RĂ€tsel, die er dann mit seiner schönen Handschrift mit viel Begeisterung auf die Tafel malte.
An eine peinliche Begebenheit erinnere ich mich auch noch: Wir hatten Mathematik Schularbeit und ich hatte fleiĂig geĂŒbt. Der Test war recht einfach und ich war ĂŒberzeugt, mindestens ein „Gut“ zu bekommen. Und dann kam der Tag, als mich mein Vater in der Pause abpasste, bevor wir die Schularbeit zurĂŒck bekommen sollten. Er fragte: „Deine Arbeit wird nicht bewertet. Du hast einen Zettel mit den Formeln im Heft vergessen?“ Ich erschrak, schĂ€mte mich sehr und vor Verlegenheit konnte ich kein Wort sprechen. Ich hatte MĂŒhe, die TrĂ€nen zurĂŒckzuhalten. So viele Stunden hatte ich geĂŒbt und er hatte alles nachgerechnet und ĂŒberprĂŒft. Eine Strafe gab es damals auch: ich musste meinem Vater einen Teil meines Taschengeldes als Wiedergutmachung abgeben.
Lehrerkind zu sein war kein Kinderspiel. Aber die wertvolle Papa-Zeit in der Schule werde ich niemals vergessen.
© Barbara Prinz 2019-09-10