Lernen durch Schmerz

Angelina Knaak

von Angelina Knaak

Story
Hamburg 2024

Ich wusste vorher, dass es so enden wĂŒrde. Meine Gedanken drehen sich im Kreis, unaufhaltsam. Frustration macht sich in mir breit. Wie ein glĂŒhender klumpen heiße Kohle legt sie sich in meine Magengrube und nimmt mir jede Möglichkeit einen klaren Gedanken zu fassen. Ich hĂ€tte besser darauf vorbereitet sein mĂŒssen. Ich hĂ€tte diesen winzigen Hoffnungsschimmer erst gar nicht aufkommen lassen dĂŒrfen. Und doch habe ich SchwĂ€che gezeigt.

„Das habe ich jetzt davon“, murmle ich vor mich hin, wĂ€hrend ich mein Handy zum bestimmt tausendsten mal an diesem Tag in die Hand nehme. Immer noch keine Nachricht. Das ist doch zum verrĂŒckt werden! VerĂ€rgert ĂŒber meine eigene ErbĂ€rmlichkeit schleudere ich das Handy aufs Sofa. Mit einem dumpfen GerĂ€usch klatscht es auf das Polster und bleibt mit dem Display nach unten liegen, stumm.

Ich schlinge meine Arme fest um meinen Körper und versuche die Unruhe in meinem Inneren ein wenig zu bĂ€ndigen. Mein Herz fĂŒhlt sich an, als wĂŒrde ein Sturm darin wĂŒten, der alles, was vorher dort gewesen ist, mit sich reißen. Außer Reichweite schleudern und unwiderruflich verloren.

Es ist nun genau eine Woche her, da wir uns das letzte Mal gesehen haben. Uns das letzte Mal gekĂŒsst und berĂŒhrt haben. Ich streiche ĂŒber den blauen Fleck an meinem Arm. Er ist fast verblasst, nur ein heller gelblicher Schimmer ist noch zu erkennen. Genau dort wo seine ZĂ€hne sich in meine Haut versenkt haben. Ich spĂŒre seine weichen Lippen noch immer ĂŒber meinen Körper wandern. Eine GĂ€nsehaut ĂŒberkommt mich und mir entfĂ€hrt ein leises Keuchen.

Heiße TrĂ€nen steigen mir in die Augen. Ich schließe sie und schĂŒttle erst leicht, dann heftiger den Kopf, als könnte ich jede Erinnerung an ihn auf diese Weise vertreiben. Meine Lungen ziehen sich zusammen und ein heftiges Schluchzen bahnt sich den Weg durch meine Luftröhre hinauf. 

„Wie erbĂ€rmlich ich doch bin!“, sage ich leise durch das Schluchzen hindurch. Er hat sich vorher schon kaum gemeldet, warum sollte er es jetzt tun? Warum trauere ich einer Zukunft nach, die nie eine Option war? Ich muss ihn mir aus dem Kopf schlagen! Er tut mir nicht gut. Das weiß ich. Und doch ist es schwer ihn loszulassen.

Eine Red-Flag auf zwei Beinen, so wĂŒrde meine beste Freundin ihn beschreiben. Das kann jeder sehen. Ich habe es auch gesehen und mich entschieden ihm dennoch zu vertrauen. Ihm eine Chance zu geben, mir und allen anderen zu beweisen, das er mehr ist als sein gutes Aussehen, Charme, spanischer Akzent und Kochkunst.

„Er steht einfach nicht auf mich… Und ich bin auch viel zu gut fĂŒr ihn…“, flĂŒstere ich und gebe mich den TrĂ€nen der Verzweiflung und Wut hin. Es ist immer schmerzhaft, wenn einer mehr empfindet als der andere. Und ich wusste vorher, dass es so enden wĂŒrde.



© Angelina Knaak 2024-09-04

Genres
Romane & ErzÀhlungen
Stimmung
Dunkel, Emotional, Traurig