Lesen ist Abenteuer im Kopf

Georg Zenz

von Georg Zenz

Story

50 Jahre lesen und daraus die Erkenntnis: Ich möchte kein Buch missen! Alles begann, wie bei so Vielen damals mit Karl May.

Ich kämpfte, fror oder schwitzte, ritt, rannte, flüchtete und träumte mich lesend durch etwa 30 Bände. Mit Karawanen durch Wüsten, auf dem Pferd durchs wilde Kurdistan, den Wilden Westen und mit dem Kanu in den Schluchten des Balkans. Abenteuerlust prägte das Lesen. Sprachliche Schönheit und Ausdruck mussten sich dem Erlebten oder im Fall Karl Mays dem nicht Erlebten unterordnen. Das einhergehende Leben trieb mich in die nahen Wälder wo von Baumhäusern bis zu uneinnehmbaren Forts die Kulissen für die zu schlagenden Schlachten gebaut wurden.

Später der Wechsel von den Sechzigern zu den Siebzigern. Alles war politisch, jedes Zusammenfinden, jedes noch so vordergründige Rotweingelage. Die Politik machte auch vor dem Bücherregal nicht Halt. Mao-Bibel, Che Guevara, Das Kapital. Sprachliche Schönheit und Ausdruckskraft mussten sich den politischen Parolen der Idealisten und Demagogen unterordnen, mussten warten. Das einhergehende Leben fand mich auf der Straße wo gegen den Vietnamkrieg, die USA, den Welthunger und was weiß ich noch protestiert wurde.

Unaufhaltsam wurde jedoch die politische Abteilung im Bücherregal mit Literatur durchmengt wenngleich die Politik immer noch kräftig mitschwang.

Hesse, Sartre, Steinbeck und Brecht wollten gelesen werden und drängten sich auch in den Diskursen immer mehr in den Vordergrund.

Dazu „flower power“. Alles war friedlich und alle liebten sich, vornehmlich durcheinander. Die Bücher gaben eine Ahnung der späteren Esoterikwelle. Kahil Gibrans „Der Prophet“ und „Der Papalagi“ als Beispiele. Zum einhergehenden Leben holten wir uns Rezepte aus den Büchern von Carlos Castaneda. Einmal mehr musste die sprachliche Schönheit warten auch wenn diese immer stärker aus den Tiefen der Wörterseen auftauchte.

Es war Zeit für die Klassiker der Literatur: Böll, Hemingway, Stifter, Zweig, Saint Exupery, Canetti – um nur einige zu nennen. Auch las ich mich tapfer durch die 1015 Seiten von Joyce´s Ulysses

Garcia Marquez wurde dann zu einem meiner Lieblingsautoren und das einhergehende Leben ließ mich durch die Urwälder Südamerikas streifen und Reisen sowie die damit verbundenen Abenteuer gewannen immer mehr an Bedeutung.

Joseph Conrad, Jack Kerouac, Nagib Machfus und Bruce Chatwin lösten fast unheilbares Fernweh aus. Das einhergehende Leben schickte mich viele Male nach Afrika, Borneo, Australien, Alaska und Südamerika.

Doch immer mehr schob sich die Sprache in den Vordergrund und das Bücherregal wuchs weiter. Dann die Ära der Österreicher. Th.Bernhard, F.Innerhofer, A.Geiger, E.Hochgatterer, M.Haushofer, Ch.Ransmayr…..und ich bin tief beeindruckt von der literarischen Dichte in diesem Land.

Irgendwann landete ich bei Ingeborg Bachmann. Nein, nicht auf direktem Weg vom „Schatz im Silbersee“ – aber doch über einen sehr, sehr lohnenden Umweg.

© Georg Zenz 2020-04-29

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